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letzten Jahre sein Kapital mit fast 3 °/e verzinst erhielt, wobei
der Staat freilich noch Geld zusetzte. Jene Stabilität des Zins-
fusses zeigt aber vor Allem einen Nachtheil, an den man bei
den Freunden der Kasse schwerlich gedacht hat: als im August
1898 die Kasse sich zur Erhöhung des Zinsfusses um 1°/o ge-
zwungen sah, wurde ihre Kundschaft darüber im höchsten Grade
unwillig. Auf dem allgemeinen Genossenschaftstage der deutschen
landwirthschaftlichen Genossenschaften zu Karlsruhe (1898) äusserte
sich der Hauptredner über die Verwaltungsgrundsätze der preussi-
schen Oentralgenossenschaftskasse hierüber wie folgt:
„Auch die neuerlich erfolgte Ankündigung der Erhöhung
des Zinsfusses für Darlehen von 3 auf 4 °/o, begleitet von einer
Erhöhung der Zinsspannung von !/s auf 1°/o, ist ein Zeichen
büreaukratischer Unkenntniss mit den Bedürfnissen unserer
landwirthschaftlichen Genossenschaften. Mir liegt es fern,
gegen jede Zinsenerhöhung zu sprechen. Trotz allem, was
vorgekommen ist, habe ich bis jetzt doch noch das Vertrauen
zur Leitung der preussischen Oentralgenossenschaftskasse, dass
sie den Geldmarkt richtig zu beurtheilen versteht. Aber ich
mache es ihr zum Vorwurf, dass sie die doch wohl nicht durch
die Lage des Geldmarktes allein zu begründende Erhöhung um
ein ganzes Prozent so plötzlich herbeiführen will. Das wird
manche Spar- und Darlehensgenossenschaft nicht vertragen
können, und wenn unsere Uentralkassen diesen Stoss von den
einzelnen kleinen Genossenschaften nicht abhalten können, dann
wird manche der letzteren durch die Schuld der preussischen
Centralgenossenschaftskasse wieder zu Grunde gehen, und das
nennt man dann Förderung des Genossenschaftswesens!
Wenn die Leitung der preussischen Uentralgenossenschafts-
kasse bei Beginn ihrer Thätigkeit einen Fehler gemacht und
den Zinsfuss für Darlehen zu niedrig bemessen hat, so war es
für sie bequem, aber für das Genossenschaftswesen wenig rück-
sichtsvoll, wenn sie diesen Fehler wieder gutmacht im selben