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haben, die es zur Entstehung und geschichtlichen Ausbildung
eigenartiger, vom Gesetzgeber zu respektirender Berggebräuche
aus Mangel eines Bedürfnisses nicht hat kommen lassen und die
desshalb die Aufstellung grundsätzlicher Abweichungen von dem
sachlich vorzüglichen und in der Praxis bewährten preussischen
Berggesetze kaum gelohnt haben würde. Immerhin darf in dieser
beispiellosen Nachahmung’® der Ausdruck des Empfindens er-
blickt werden, dass es’ ohne ganz zwingende Hinderungsgründe
doch am zweckmässigsten ist, keine Unterschiede zu schaffen,
sondern sich mit dem, was für die meisten, grössten und wichtig-
sten deutschen Bergreviere gilt, thunlichst wörtlich zu konformiren.
Mit anderen Worten: man hat in Mangel berechtigter Eigen-
thümlichkeiten, die hätten beibehalten oder geschaffen werden
müssen, das Bedürfniss empfunden, sich möglichst eng anzu-
schliessen und, soweit irgend thunlich, Uebereinstimmung zu
schaffen, und damit bewusst oder unbewusst die Rechtseinheit
angebahnt.
Aber nicht nur der Gang der Landesgesetzgebungen, son-
dern auch derjenige der Reichsgesetzgebung hat den Boden für
ein Reichsberggesetz gut vorbereitet. Abgesehen von den unten
noch näher zu besprechenden Reichsgesetzen, welche in vielen,
den Bergbau unmittelbar berührenden Punkten materiell eine
Rechtseinheit schon geschaffen haben, ist an dieser Stelle, wo es
sich um Begründung des Wunsches nach einem deutschen Berg-
gesetze handelt, hauptsächlich auf diejenigen dem Gebiete des
Civilprozesses angehörigen Reichsgesetze hinzuweisen, durch welche
alle dem preussischen Berggesetze nachgebildeten Landesberg-
15 Das Abschreiben, Nachbilden oder Uebernehmen fremder Gesetze
ist an sich eine sehr häufige Erscheinung in der Geschiehte. Aber die
meisten anderen Kopien und Rezeptionen eines Gesetzes sind entweder
nicht so zahlreich (wie z. B. bei den Napoleonischen Codes oder bei dem
preussischen Gesetze über das Immobiliarsachenrecht) oder mit erheblicheren
eigenen Zusätzen verbunden (wie z. B. bei dem Rundgange der sächsischen
Bergordnungen im 16. Jahrh.).