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änderungen bei der Redaktion wohl bewusst war. — Aus dem
gleichen Grunde können auch nicht, wie LABanp, Rstr. Bd. I
S. 185, behauptet, die Ausdrücke „Präsidium* und „Kaiser“
„sachlich ganz dasselbe* bedeuten *,
HAENEL (Stud. Bd. II S. 27ff.) hat als erster nach dem
Grunde für die Beibehaltung des Ausdruckes Präsidium an den
genannten Orten der redigierten Reichsverfassung gesucht, und
zwar findet er den Grund darin, dass die „Präsidialstimme“ an
diesen Orten nicht auf das Präsidium des Bundes, sondern des
Bundesrates bezogen sei!®, Dieser Erklärungsversuch aber be-
friedigt nicht. Wäre nämlich die Beziehung des Ausdruckes
„Präsidium“ auf das Bundesratspräsidium zutreffend, so müssten
alle Rechte und Pflichten, welche in den betreffenden Be-
stimmungen der Reichsverfassung dem „Präsidium“ beigelegt
werden, im Falle der Verhinderung Preussens, in einem einzelnen
Falle dem Bundesrate zu präsidieren, auf den nichtpreussischen
stellvertretenden Bundesratspräsidenten übergehen (HENSEL a.a.O.).
Diese Konsequenz ist aber mit Sicherheit nur hinsichtlich Art. 7
Abs. 2 zu ziehen, nach welchem das Präsidium verpflichtet ist,
Vorschläge der Bundesglieder der Beratung des Bundesrates zu
übergeben. Hier jedoch handelt es sich nicht sowohl um ein
Recht als vielmehr um eine Pflicht, und dass diese Pflicht jedem,
auch einem etwaigen nichtpreussischen Bundesratsvorsitzenden
obliegt, ist selbstverständlich.
Zum mindesten zweifelhaft wird die Sache aber schon bei
Art. 7 Abs. 3:
„Bei Stimmengleichheit giebt die Präsidialstimme den
Ausschlag.“
1# Am deutlichsten tritt dies in Art. 8 hervor, wo in demselben Absatze
die Ausdrücke „Kaiser“ und „Präsidium“ für den zum Vorsitz in den Bundes-
ratsausschüssen Berechtigten gebraucht werden.
15 Ebenso ScHULZE, Rstr. S. 36; Kırrei, Preuss. Hegemonie, 1896, S. 38;
anderer Ansicht Henset, Annalen 1882, S. 11; Zorn, Annalen 1885, S. 318.