Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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das Parlament zu einer neuen Session zusammentrete. Es ist 
aber ein „wirkliches allgemeines konstitutionelles Gewohnheits- 
recht“ ein Faktor, mit dem bei einer Untersuchung über das 
innere Staatsrecht eines bestimmten Staates nicht wohl gerechnet 
werden darf. Die Gültigkeit des inneren Staatsrechts, dem das 
Recht des Gesetzgebungsverfahrens angehört, beschränkt sich auf 
den einzelnen Staat, da es allein auf dessen Anerkennung beruht. 
Die Anerkennung eines dem inneren Staatsrechte angehörenden 
Satzes seitens anderer Staaten ist an sich für jeden Staat ohne 
Bedeutung; Uebungen und Gewohnheiten anderer Staaten kommen 
für ihn nur insoweit in Betracht, als sich in ihnen richtige 
Folgerungen aus einem in ihm und den anderen Staaten gleicher- 
weise anerkannten Rechtsinstitute offenbaren. Dann aber ist der 
Grund für ein gemeinsames Gewohnheitsrecht mehrerer Staaten 
nicht die thatsächliche Geltung in der Mehrzahl dieser Staaten, 
sondern die folgerichtige Ableitung desselben aus dem Wesen 
des gemeinsamen Rechtsinstitutes, und dessen Geltung wiederum 
beruht allein auf der Anerkennung jedes einzelnen Staates. — Will 
man also für einen Satz des inneren Staatsrechts sich auf ein 
Gewohnheitsrecht berufen, so genügt nicht die Behauptung eines 
„wirklichen allgemeinen konstitutionellen Gewohnheitsrechts“, son- 
dern es muss der fragliche Satz für jeden einzelnen Staat als 
(Grewohnheitsrecht nachgewiesen werden. 
Der Versuch, jenen von RÖNNE, SCHULZE und LaABAnD als 
Norm eines allgemeinen konstitutionellen Gewohnheitsrechts be- 
haupteten Satz, der gesamte Gesetzgebungsakt müsse bis zum 
Beginne der nächsten Parlamentssession beendet sein, wenigstens 
als Satz eines preussischen oder Reichsgewohnheitsrechts zu retten, 
misslingt. 
Freilich steht der Art. 78 R.-V. der Bildung eines Reichs- 
gewohnheitsrechts an sich nicht im Wege!’; denn wenn nach 
10 y, SEYDEL a. a. O. S. 118.
	        
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