44
ein gemeinschaftlicher. Er liegt darin, dass es sich an allen
diesen Orten nicht um Rechte eines Bundesorganes als solchen,
weder des Bundespräsidiums noch des Bundesratspräsidiums,
handelt, sondern um besondere Rechte des Einzelstaates Preussen
in seiner Eigenschaft als im allgemeinen gleichberechtigtes Bundes-
glied. Hieraus rechtfertigt sich allerdings zunächst nur, dass an
diesen Orten die Einsetzung der Bezeichnung „Kaiser“ unter-
blieb, und nicht auch, dass die zum mindesten missverständliche
Bezeichnung „Präsidium“ erhalten blieb; rechtfertigen lässt sich
aber diese letztere Erscheinung überhaupt nicht, sondern nur er-
klären.
Nach den Verfassungsentwürfen wäre eine Unterscheidung
zwischen solchen Rechten, welche Preussen in seiner Eigenschaft
als gleichberechtigtem Bundesgliede, und solchen, welche dem
Präsidium in seiner Eigenschaft als Bundesorgan zustanden,
praktisch vollständig belanglos gewesen. Denn wenn auch diese
Entwürfe — im Gegensatz zu den preussischen Grundzügen vom
10. Juni 1866 — ein Präsidium, mit umfangreichen, nicht bloss
formellen Befugnissen ausgestattet, äusserlich auf eine Stufe mit
den selbständigen Organen des Bundes, Bundesrat und Reichstag,
stellen, so war doch ihrem Wesen nach die Stellung des Präsidiums
im Bunde durchaus unterschieden von der Stellung des Bundes-
rates und des Reichstages. Der Unterschied bestand kurz darin,
dass — abgesehen von den beschränkten Prärogativen des Prä-
sidiums, in Gestalt des Berufungs-, Eröffnungs-, Vertagungs-,
Schliessungs- und Auflösungsrechtes — der Bundesrat und der
Reichstag eine vollständig selbständige Existenz als Bundesorgan
haben sollten, während das Präsidium untrennbar mit der preussi-
schen Staatsgewalt verknüpft und nichts anderes sein sollte als
eine für genau bestimmte Aufgaben vorgenommene Erweiterung
der Staatsgewalt Preussens auf den ganzen Bund. Die wich-
tigste Folge einer solchen Konstruktion des Präsidiums war, dass
die von dem Präsidium in seiner Thätigkeit für den Bund ver-