47
eine Beziehung auf das Bundespräsidium. Derselben steht nämlich
bezüglich des Art. 8 Abs. 2 der Umstand entgegen, dass jeder
(rund gefehlt haben würde, an dieser Stelle die Bezeichnung
„Kaiser“ zu vermeiden, wo man in dem unmittelbar folgenden
Satze eine ganz ähnliche Befugnis ohne Bedenken dem „Kaiser“
zuschrieb.
Dafür dass die „Stimme des Präsidiums“ bezw. die „Prä-
sidialstimme“ in den Artt. 5, 37 und 7 die Stimme eines Grlied-
staates — und darum eben Preussens —, nicht etwa die Stimme
des Bundespräsidialorganes als solchen ist, spricht schon im all-
gemeinen der Umstand, dass nach der prinzipiellen Anlage des
Bundesrats zur Mitgliedschaft an ihm lediglich die Einzelstaaten
berechtigt sind, vor allem dass in Art. 6 die sämtlichen Stimmen
auf die Staaten verteilt werden; wollte man die Präsidialstimme
als eine nur für Ausnahmefälle existierende, neben der preussi-
schen bestehende Bundesstimme erklären, so würde man sich in
direkten Widerspruch zu Art. 6 setzen, in welchem die Gesamt-
heit der Bundesratsstimmen ausdrücklich auf 58 angegeben wird.
Ebensowenig ist es aber gerechtfertigt, die Präsidialstimme als
kaiserliche und preussische Stimme zugleich aufzufassen?°; denn
die Verantwortlichkeit für die Instruktion der Präsidialstimme
trägt nicht der Reichskanzler als Reichsbeamter, sondern allein
das preussische Gesamtministerium ?!. "
Hinsichtlich des hier am meisten interessierenden Art. 5 Abs. 2
R.-V. wird die Richtigkeit unserer Ansicht obendrein bestätigt
durch die Worte, mit denen der Abg. TwEsTEN, auf dessen
Antrag Art. 5 Abs. 2 der Verfassung eingefügt wurde, diesen
seinen Antrag im sog. konstituierenden Reichstag begründete
” Korzow, Archiv f.ö.R. V 8. 87.
?! BismarcK hob bei der Beratung des TwEsten-Münster’schen An-
trages im Reichstag des nordd. Bundes 1869 ausdrücklich hervor, dass seine
Instruktion für den Bundesrat „in letzter Instanz nicht von dem Präsidium
des Bundes, sondern von S. M. dem Könige von Preussen“ ausgehe (s. An-
nalen 1886, S. 340).