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Uebertretungen von Ordnungsvorschriften —, für welche sich das
‚ Gesetz mit einer besonders geringen, sich der Uebertretungsstrafe
nähernden Sühne (Geldstrafe bis Mk. 300 oder Haft) begnügt,
auf der anderen ein Delikt ernsteren Charakters, „eine unberech-
tigte Anmassung staatsbürgerlicher Rechte“ ®,. welches nicht nur
mit Gefängniss bis zu sechs Monaten bestraft werden, sondern
ausserdem den Rheder, der vielleicht noch unschuldiger ist als
der Schiffer, sein Schiff kosten kann! Man wende nicht ein, dass
in Fällen, in welchen ein Verschulden des Schiffers nicht fest-
gestellt ist, die Gerichte sich vermuthlich mit geringfügigen Be-
strafungen begnügen werden: auch diese Strafen werden den
Charakter von Verdachtsstrafen haben! Zu einer Zeit, in welcher
in der Theorie und glücklicherweise auch in der Praxis immer
mehr die Tendenz um sich greift, auch für Uebertretungen Vor-
satz oder Fahrlässigkeit zu verlangen, erscheint eine Bestimmung
wie die vorliegende als eine nicht billigenswerthe Abnormität. In
geringerem Masse gilt das Gleiche, soweit sich $ 23 auch auf
die Bestimmungen der $$ 19—22 bezieht.
Was den Geltungsbereich des $ 18 betrifft, so wird in
erfreulicher Weise eine Lücke des bisherigen Rechts®* ausgefüllt
durch die Bestimmung des $ 24 Abs. 1, dass die in den 8$ 18,
19 und 21 bezeichneten Handlungen auch dann strafbar sind,
wenn sie im Ausland oder auf offener See begangen werden.
Die Zuständigkeit der Gerichte für das Vergehen des
8 18 folgt den allgemeinen Regeln: der die ausschliessliche Zu-
ständigkeit der Strafkammer aussprechende $ 74 No. 2 des
Gerichtsverfassungsgesetzes ist durch $ 29 Abs. 2 aufgehoben.
2. Ausübung des Rechts zur Führung der Reichs-
flagge ohne Erfüllung der gesetzlichen Vorbedingungen.
8 19 lautet: |
Führt ein Schiff den Vorschriften der $$ 11, 12 zuwider
6 So Mevss l. c. S. 8 und Prrets ]. c. 8. 61.
© Vgl. Scuaps, Seerecht 8. 5iff., 53 ff, 32.
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