Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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der Freiheit der lokalen Behörden hinsichtlich der Berücksichtigung der 
besonderen örtlichen Verhältnisse, Bedürfnisse und Gewohnheiten, und in 
der Beschränkung des Instanzenzuges, so dass die Verfügungen und 
Entscheidungen der unteren Behörden unanfechtbar sind. In diesem Sinne 
giebt es auch eine Decentralisation der Rechtsprechung und selbst der Gesetz- 
gebung. 
Hinsichtlich der Selbstverwaltung geht der Verf. von einer Vergleichung 
der französisch-italienischen Einrichtungen mit den englischen und den 
preussischen aus. Er wendet sich gegen die verbreitete Ansicht, als ob ge- 
wisse Angelegenheiten ihrer Natur nach zu den Funktionen der Gemeinden, 
andere zu denen des Staates gehörten, indem er die Unmöglichkeit darthut, 
eine feste Linie zu ziehen, durch welche das allgemeine Interesse von dem 
lokalen abgegrenzt wird. Daher verwirft der Verf. auch die Unterscheidung 
zwischen der Zuständigkeit der Gemeinden kraft eigenen Rechts und den- 
jenigen Funktionen, welche der Staat den Gemeinden übertragen hat. 
Mögen die Gemeinden historisch auch vor dem Staat bestanden haben, nach 
der gegenwärtigen Entwicklung des Staats baben die Gemeinden und anderen 
Kommunalverbände sowohl ihre rechtliche Existenz selbst als auch alle ihre 
Rechte und Pflichten ausschliesslich durch den Willen des Staats. Die Ge- 
meinden sind nach der Ansicht des Verf. Organe des Staats; sie haben keine 
anderen Zwecke und Funktionen als der Staat, welcher durch sie ebenso 
wie durch die Staatsbehörden seine eigenen Aufgaben vollzieht. Wenn nun 
aber Staatsbehörden und Selbstverwaltungsbehörden nur zwei Reihen von 
Organen des Staats darstellen und die Selbstverwaltung nur eine besondere 
Art der staatlichen Verwaltung ist, so erhebt sich die Frage, worin denn 
der wesentliche Unterschied zwischen Staats- und Selbstverwaltung bestehe. 
Der Verf. findet denselben im Anschluss an die alte Gxeist’sche Ansicht in 
der Verwendung des Ehrenamts, in welcher er das spezifische Merkmal der 
Selbstverwaltung erblickt. Hierbei übersieht er, dass es einerseits in der 
Staatsverwaltung nicht wenige unbesoldete oder Ehrenbeamte giebt, und dass 
andererseits auch im Bereich der Selbstverwaltung von dem Ehrenamt nur 
ein sehr beschränkter Gebrauch gemacht werden kann, und dass auch hier 
ein Heer von Beamten, welche besoldet sind und aus ihrem Amt einen Lebens- 
beruf machen, unentbehrlich ist. Nicht bloss die zahlreichen technischen 
Beamten, die Sekretäre, Rechnungsbeamtenr, Schreiber und Unterbeamten, 
sondern auch oft die leitenden Beamten, z. B. die Bürgermeister der grösseren 
Städte, sind berufsmässige und besoldete Beamte. Die Ansicht, dass das 
Ehrenamt das Kriterium der Selbstverwaltung sei, beruht auf einer un- 
zulässigen Verallgemeinerung einer Eigenschaft des englischen Friedens- 
richteramts. Ob ein gewisses Amt mit einem Gehalt ausgestattet wird oder 
nicht, hat mit dem Gegensatz von Staateverwaltung und Selbstverwaltung 
nichts zu thun, sondern hängt hauptsächlich — wenn auch nicht allein — 
davon ab, ob geeignete Personen in genügender Anzahl vorhanden sind,
	        
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