Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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Organe behält und wie sich die Persönlichkeit des Staats den Persönlichkeiten 
seiner Organe gegenüber bethätigt. Die Auffassung der einzelnen Staatsorgane 
als Träger subjektiver öffentlicher Rechte und Pflichten, als juristischer Per- 
sonen, bedeutet nicht eine Gliederung, sondern eine Zerreissung und Ver- 
nichtung der Rechtspersönlichkeit des Staats. Laband. 
Die Verrufserklärungen im modernen Erwerbsleben, speziell 
Boykott una Arbeitersperre. Züricher Doktordissertation von 
Eugen Liechti. Zürich, Orell Füssli, 1897. 149 S. 8°. M. 2.60. 
Die in den Vereinigten Staaten, neuerdings aber namentlich auch in 
Deutschland gewaltig angewachsene Entwicklung zu Industriekartellen und 
die ihr entsprechenden Lohnbewegungen der Arbeiter geben Anlass, auf 
die vorbezeichnete vortreffliche Arbeit hinzuweisen. Die Schrift enthält 
den verdienstvollen Versuch, einen sehr alten Gegenstand der Polizei- 
wissenschaft im früheren Sinne, der zugleich ein wichtiges Problem der 
neuesten sozialen Gesetzgebung ist, durch eine ruhige wissenschaftliche 
Prüfung aus dem tumultuarischen Streit der interessierten Meinungen heraus- 
zuheben. Der Verf. giebt im ersten Teil eine Uebersicht über die ver- 
schiedenen Arten der Verrufserklärung — die Verrufserklärungen von Arbeit- 
nehmern unter sich, die schwarzen Listen, die Sperre und den Boykott —, 
um sodann im zweiten Teil die eigentlich wissenschaftliche Seite des Problems 
zu behandeln. Es zeugt von seinem guten Blick, dass er den Gegenstand vor 
allem einer streng juristischen Betrachtung unterzieht, andererseits aber den 
„Sitz“ der Frage „in der sozialen Materie des Lebens“, insbesondere in den 
wirtschaftlichen Verhältnissen erkennt. Anton Menaer hat in seiner Schrift 
über „das Recht auf den vollen Arbeitsertrag“ die praktische Methode be- 
schritten, die sozialistischen Ideen auf ihren Inhalt als nüchterne Rechts- 
begriffe zu prüfen, und die endlosen volkswirtschaftlichen und philanthropischen 
Erörterungen zu verlassen, indem er den Sozialismus uls ein Rechtssystem 
behandelt. Es ist bezeichnend, dass in dem Gang der staatswissenschaftlichen 
Ausbildung mehr und mehr eine Vorlesung über Arbeiterrecht eine feste 
Stelle findet. Volkswirtschaft und Politik können gerade auch für das Ge- 
biet der Verrufserklärungen vom Recht die gesunden Gedanken und ein- 
fachen Leitsätze gewinnen. Alles gesellschaftliche Leben ist Kampf, alle 
staatliche Ordnung nur ein Gleichgewichtszustand antagonistischer Kräfte. 
Die ganze Frage der Verrufserklärungen kann auf die Formel gebracht 
werden: „inwieweit muss der Kampf um den Markt, also um den gewinn- 
bringenden Absatz der Produkte und den Verkauf der Arbeit, als ein 
natürliches Recht zugelassen werden?“ Die Schwierigkeiten des Problems 
erheben sich von zwei Seiten, von dem bewussten oder unbewussten Fest- 
halten an Klassenprivilegien und von der gewaltsamen Aussohreitung der 
organisierten Arbeitermassen im Lohnkampfe.
	        
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