Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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Kreise der verbündeten Regierungen trotz der schon in jener 
Form hinreichend enthaltenen Markierung der Verpflichtung des 
Präsidiums den Zusatz „nach Massgabe der Beschlüsse des Bundes- 
rates“ für nötig erachtete; schon diese beiden Punkte lassen es 
nicht zweifelhaft, dass man die dem Präsidium in Art. 16 zuge- 
wiesene Einbringung der Vorlagen an den Reichstag nicht als 
dessen freies Recht, sondern als eine aus seiner Eigenschaft als 
Bundesratspräsidium von selbst sich ergebende Pflicht betrachtet 
wissen wollte®®.“ Dazu kommt, dass nur diese Auffassung einen 
logischen Zusammenhang zwischen der ersten und zweiten Hälfte 
des Artikels ermöglicht; denn die Bestimmung, dass nur Mit- 
glieder oder Kommissare des Bundesrates die Vorlagen beim 
Reichstag vertreten sollen, also nicht vom Kaiser dazu bestimmte 
Beamte, hat Sinn nur unter der Voraussetzung, dass der Kaiser 
materiell an der Einbringung der Vorlagen an den Reichstag 
vollständig unbeteiligt ist ”®. 
Im offenbaren Gegensatz zu der Grundanschauung, nach 
welcher Art. 16 eine natürliche Pflicht des Bundesratspräsidiums 
statuieren wollte, leitete die Praxis vom ersten Tage ab aus 
diesem Artikel eine Zuständigkeit des Bundespräsidiums. Denn 
nicht im Namen der im Bundesrate vereinigten verbündeten 
Regierungen und als deren Vertreter brachte der Bundes- 
kanzler die Bundesratsvorlagen an den Reichstag, sondern im 
Namen des Bundespräsidiums und in dessen Auftrag; dies er- 
giebt die bei der Einbringung solcher Vorlagen gebräuchliche 
Formel: 
„Im Namen des Präsidiums des norddeutschen Bundes be- 
ehrt sich der Bundeskanzler, den Entwurf, wie solcher vom 
Bundesrate beschlossen worden, .. .“ 
Diese der Absicht des Gesetzgebers nicht entsprechende An- 
wendung der in Art. 16 gegebenen Bestimmung hat durch die Re- 
35 Vgl. Haenkı, Stud. II S. 39. 
2° Vgl. HıeneL a. a. 0.8.43.
	        
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