Full text: Archiv für öffentliches Recht.Vierzehnter Band. (14)

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und Verkündigung weigern sollte (vgl. KoLBow a. a. O. S. 77). 
— Richtig ist allerdings — woran SEYDEL Anstoss nimmt —, 
dass auch der Bundesrat in jedem Falle untersuchen muss, ob 
die Voraussetzungen gegeben sind, in deren Ermangelung er nicht 
vermöchte, den Bildungsprozess des Reichsgesetzgebungswillens 
gehörig abzuschliessen, wie auch dem Reichstage hinsichtlich der 
Bundesratsvorlagen ein entsprechendes Recht zusteht; aber es ist 
in keiner Weise abzusehen, inwiefern durch ein solches Recht 
des Bundesrates ein selbständiges Prüfungsrecht des Kaisers un- 
möglich gemacht wird. Die Berufung SEYDEL’s auf die Unmittel- 
barkeit, in welcher die deutschen Souveräne im Bundesrate ihren 
Willen zum Ausdruck brächten, vermag schon unter dem Ge- 
sichtspunkte nicht als genügend zu erscheinen, dass die Souveräne 
der Einzelstaaten kein Mittel in der Hand haben, sich gegen die 
Folgen eines instruktionswidrigen Stimmens ihrer Bevollmächtigten 
zu schützen (FRICKER a. a. O. S. 23), mit anderen Worten, so 
unmittelbar, wie SEYDEL glauben machen will, sind die deutschen 
Soureräne im Bundesrate garnicht vertreten; aber selbst wenn 
SEYDEL — was indes nicht zugegeben werden kann — darin 
Recht hätte, dass der Bundesrat der Souverän des Reiches wäre, 
so wäre damit die Befugnis des Kaisers, seine Mitwirkung an 
verfassungswidrigen Handlungen selbst gegen den Befehl des 
Souveräns zu verweigern, nicht ausgeschlossen; „nirgends bietet 
die Reichsverfassung einen Anhalt, wonach der Kaiser bei der 
Prüfung, ob die verfassungsmässigen Voraussetzungen für die Aus- 
übung seiner Rechte oder Pflichten vorliegen oder nicht, an die 
Entscheidung irgend einer Instanz gebunden ist, und selbst im 
monarchischen Einheitsstaat giebt es Behörden, die ausschliesslich 
dem Gesetze unterworfen sind* (HAENEL)°®. 
88 WESTERKAMP (R.-V.S. 131) glaubt, das Recht der Gesetzesverkündi- 
gung könne als ein lediglich formales Recht nicht ein Richteramt bezüglich 
der Legalität der von Bundesrat und Reichstag gefassten Beschlüsse gewähren. 
Indessen „auch formelle Funktionen dürfen nur vorgenommen werden, wenn
	        
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