— 68 —
stehungsgeschichte der genannten Bestimmung hat man die Frage
zu bejahen. Der preussische Entwurf enthielt als Art. 19 nur
den ersten Satz des jetzigen Art. 17; im Verlaufe der Verhand-
lungen der Bevollmächtigten der verbündeten Regierungen erhielt
er den Zusatz: „Die hiernach von dem Präsidium ausgehenden
Anordnungen werden im Namen des Bundes erlassen und von
dem Bundeskanzler mitunterzeichnet.* Wäre der Entwurf in
dieser Form Gesetz geworden, so würde ein Zweifel nicht wohl
aufkommen darüber, dass auch die vom Kaiser zu vollziehenden
Akte der Ausfertigung und Verkündigung zu ihrer Gültigkeit
der Gegenzeichnung des Kaisers bedürfen. Wenn nun infolge
der harten Kämpfe, welche im konstituierenden Reichstage über
diesen Satz ausgefochten wurden, die Deutlichkeit der ursprüng-
lichen Fassung in gewisser Beziehung verloren ging, so hat das
für die hier interessierende Frage, ob die Formvorschriften des
fraglichen Satzes nach wie vor auch für die Ausfertigung und
Verkündigung der Gesetze gelten sollen, weitere Bedeutung nicht;
denn in keinem Augenblick ist das Bestreben zu Tage getreten,
in dieser Richtung an der Regierungsvorlage zu ändern, im Gegen-
teil hat der Abg. BRAUN ausdrücklich als seine Auffassung erklärt,
der Bundeskanzler habe die Bundesgesetze zu kontrasignieren
(Sten. Ber. S. 343). Des weiteren war der Zweck des Amendements
v. BENNIGSEN, welches dem Art. 17 seine jetzige Gestalt gab, für
alle selbständigen Regierungshandlungen des Bundespräsidiums
einen verantwortlichen Minister zu gewinnen; insofern nun Aus-
fertigung und Verkündigung beide die selbständige Prüfung der
gesetzgeberischen Behandlung einer Vorlage seitens des Kaisers
voraussetzen, hat man auch von diesem Gesichtspunkte die
Kontrasignatur des Reichskanzlers auf der Ausfertigung der
Gesetze zu verlangen.
Die Verantwortlichkeit, welche der Reichskanzler durch die
4 Vgl. HaEneL, Stud. DI S. 31; ebenso Hensen, Annalen 1882, S. 9;
Heıo, Verfassung 8.106 ; SchuLze, Rstr. S. 93; zweifelhaft Fricker a.8.0.8.26.