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Ausfertigungsurkunde wörtlich in der in Art. 2 vorgeschriebenen
Form publiziert wird. Der Umstand, dass zum Zwecke der Ver-
kündigung die Ausfertigungsurkunde wörtlich im Reichsgesetz-
blatte abgedruckt wird, hat zu der Ansicht Anlass gegeben, die
Verkündigung sei der Ausfertigung gegenüber nicht als selb-
ständiger Willensakt anzusehen“. Dem ist indes nicht beizu-
treten; denn „der zweite Akt der Aeusserung eines einheitlichen
Willens ist nicht als Vollziehung des ersten aufzufassen“ (FRICKER
2.2.0. S.18). Anderenfalls würde der Kaiser nicht berechtigt
sein, wenn er nach vollzogener Ausfertigung erst bemerkte, dass
diese wegen eines Mangels in der gesetzgeberischen Behandlung
der Vorlage nicht hätte vorgenommen werden dürfen, die Ver-
kündigung zu unterlassen. In der Praxis wird allerdings ein deut-
licher Unterschied zwischen den Handlungen des Kaisers, welche
sich auf die Ausfertigung, und denen, welche sich auf die Verkün-
digung der Reichsgesetze beziehen, nicht hervortreten, wenigstens
nicht regelmässig. Denn selbstverständlich ist der Sinn des Art. 17
nicht der, dass der Kaiser den ganzen Akt der Ausfertigung und
den ganzen Akt der Verkündigung höchsteigenhändig zu vollziehen
habe. Bei der Ausfertigung beschränkt sich die Thätigkeit des
Kaisers auf die Prüfung ihrer Verfassungsmässigkeit und die
Unterzeichnung der Ausfertigungsurkunde, bei der Verkündigung
gleichfalls auf die Prüfung ihrer Verfassungsmässigkeit und den
Befehl zur Vornahme der Verkündigung. Die letztere Prüfung
wird regelmässig mit der ersteren zusammenfallen; ebenso genügt
der Inhalt der Ausfertigungsurkunde vollauf dem für die Ver-
kündigungsformel des (Gesetzes erforderlichen Text, so dass
auch ein solcher nicht besonders hergestellt zu werden braucht‘;
18 So z. B. Zorn, Rstr. I S. 418.
“4 Eine besondere Verkündigungsformel neben der Ausfertigungsformel
findet sich z. B. bei dem Einführungsgesetze zum Allgemeinen deutschen
Handelsgesetzbuche für das Königreich Sachsen vom 80. Oktober 1861. Das-
selbe beginnt, wie folgt: