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Der 8 19 Inv.-Vers.-G. stellt es, entsprechend der bisherigen,
mit dem Wortlaute des $ 12 Inv.- u. Alt.-Vers.-G. nicht ganz
vereinbaren Praxis, in das Ermessen der Versicherungsanstalt,
ob sie die Fürsorge für den Erkrankten der Krankenkasse,
welcher er angehört oder zuletzt angehört hat, in demjenigen
Umfange übertragen will, den sie für geboten erachtet. Die ent-
stehenden Mehrkosten müssen von ihr der Kasse ersetzt werden.
In der Regel werden indes auch fernerhin die Versicherungs-
anstalten es vorziehen, den Kranken selbständig in Pflege zu
nehmen und sich von der Kasse dessen Krankengeld zahlen zu
lassen.
Dabei darf indes nicht ausser Acht bleiben, dass das Heil-
verfahren, insbesondere bei den im Vordergrunde stehenden
Lungenkranken, nur dann Aussicht auf Erfolg bietet, wenn den
Versicherten einigermassen die Sorge um ihre Angehörigen ab-
genommen wird (vgl. Kommissionsbericht zum Invalidenversiche-
rungsgesetz S. 45). Manche Versicherungsanstalten, z. B. die
braunschweigische, haben bis 1. Jan. 1900 den Familien der im
Heilverfahren behandelten Versicherten deren Krankengeld un-
geschmälert belassen, um die durch langwierige Verdienstlosigkeit
des Ernährers hervorgerufenen Schwierigkeiten zu beseitigen. Es
ist sehr fraglich, ob fortan ein derartiges Entgegenkommen ohne
weiteres möglich ist. Da das halbe Krankengeld, dessen Ge-
währung nunmehr zu erfolgen hat, in den meisten Fällen nicht
ausreichen wird, um die Angehörigen des Pfleglings vor Not zu
behüten und dem letzteren in der Rekonvaleszenz die quälende
Sorge um das Wohl der Seinen zu nehmen, so hat der Vorstand
der Braunschweiger Anstalt auf Grund des $ 45 Inv.-Vers.-G. in
anerkennenswerter Weise beschlossen, mit Zustimmung des Aus-
schusses die Genehmigung des Bundesrats dazu einzuholen, dass
das Krankengeld der Verpflegten, welche Familie haben, nicht
eingezogen, sondern der letzteren belassen werde; in besonderen
Fällen soll sogar ein Zuschuss darüber hinaus gewährt und nach
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