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seiner fast grundsätzlichen Ablehnung viel zu weit geht. In jedem Falle
aber findet bei ihm das Kanalproblem eine stiefmütterliche, der prinzipiellen
Bedeutung der Verkehrsreform nicht entsprechende Behandlung. Um so
grösseren Beifall wird bei wirklichen Sachkennern das Kapitel über den
Börsenhandel der Gegenwart finden, obwohl auch hier Coun mit einem ge-
wissen Vergnügen gegen den Strom schwimmt. Auch diejenigen Teile seines
Werkes, die die äussere Handelspolitik behandeln, sind glänzend geschrieben,
nur gefallen sie sich in einer zu grossen Zurückhaltung. Dagegen tritt G. Coun
da, wo er mit den Mittelstandspolitikern abrechnet, mit der ganzen Macht
seiner Ironie und Kritik aus der anderswo beobachteten Reserve. Es ist ein
Genuss, die souveräne Ueberlegenheit zu beobachten, mit der er hier an der
Hand seiner wirtschaftshistorischen Kenntnisse aussichtslose und überspannte
Theorien mit unnachahmlicher Grazie abthut. Alles in allem ist das hier
vorliegende Kompendium der Handels- und Verkehrspolitik eine der hervor-
ragendsten zeitgenössischen Erscheinungen der nationalökonomischen Literatur.
Was uns hier geboten wird, ist der Rechenschaftsbericht eines Gelehrten-
fleisses gediegenster Art.
Greifswald. M. Biermer.
Olivecrona, K., Testamentsrätten enligt svensk lagstiftning. Andra
Upplagen. Upsala, W. Schultz, 1898. 464 S. 8%. M. 12.—.
Nach vielen Seiten hin ist der Verf. des vorliegenden grundlegenden
Werkes ein Bahnbrecher der schwedischen Jurisprudenz. Diese ist leider noch
ziemlich zurückgeblieben. Die zwei juristischen Fakultäten befinden sich in
kleinen Städten ohne Fühlung mit dem kaufmännischen und industriellen
Leben, mit den höheren Gerichten und administrativen Kollegien und mit
den Urkundensammlungen. All diese für die Rechtswissenschaft wichtigen
Faktoren finden sich nur in der Hauptstadt vereinigt, die eine Rechtsfakultät
nicht besitzt. Das juristische Studium selbst ist noch immer mit einer grossen
Summe fremden Lehr- und Lernstoffes beladen, so dass es an Zeit und
Gelegenheit fehlt, die Jugend tiefer in die Jurisprudenz einzuführen und so
in das praktische Rechtsleben eine wissenschaftlich tiefere Auffassung zu
bringen. Auf diese Weise ist es auch geschehen, dass — mit einem alter-
thümlichen und dürftigen Gesetzbuche, mit einem zunehmenden Missverständ-
niss seines Inhaltes und mit der Einführung hypermoderner Grundsätze, aus
fremdem, besonders deutschem Rechte geholt und ohne Vermittlung an die
Seite der alten gestellt — eine Verwirrung und Unsicherheit in dem Rechts-
zustande eingetreten ist, die das dringende Bedürfniss nach einer zusammen-
fassenden Darstellung des gesammten bunten Stoffes auf rechtsgeschichtlicher
Grundlage entstehen liess.
Diese reformatorische Bewegung hat sich allmälig aller Teile des schwe-
dischen Rechts bemächtigt, sowohl des privaten, wie des öffentlichen. Be-