Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

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Man hätte nun meinen sollen, dass gerade die kleineren, 
leichter einer Invasion ausgesetzten Staaten die in diesen Be- 
stimmungen enthaltenen Beschränkungen der thatsächlichen Ge- 
walt der feindlichen Militärmacht freudig begrüsst hätten. Statt 
dessen beantragte der erste belgische Delegirte, die haupt- 
sächlichsten dieser Artikel zu streichen, da es nicht angehe, dass 
die Staaten, deren Gebiet möglicher Weise einer Besetzung aus- 
gesetzt sei, in einer internationalen Konvention dem Sieger 
(envahisseur) von vorneherein gewisse Rechte in ihrem Gebiete 
einräumen. Es sei besser, die ganze Materie gar nicht zu regeln 
und für solche Fälle lediglich das Völkerrecht, so unbestimmt es 
auch sei, zur Anwendung kommen zu lassen. 
Diese Begründung ist offenbar ganz verfehlt; sie zeigt nur, 
dass in solchen wenig bedeutenden neutralen Staaten, wie Belgien, 
das Verständniss für die Bedürfnisse der Kriegführung und die 
Bedeutung des Kriegsrechts nicht im erforderlichen Grade vor- 
handen ist, denn bei den fraglichen Bestimmungen handelte es 
sich nicht um Einräumung von Rechten an den siegreichen 
Staat, sondern um eine Beschränkung seiner thatsächlichen Ge- 
walt. 
Trotzdem hatten die belgischen Delegirten, unterstützt von 
den schweizerischen und schwedischen Delegirten, insofern Erfolg, 
als die von der Aufrechthaltung der geltenden Gesetze und 
von der Beibehaltung der Beamten in dem besetzten Gebiete 
handelnden Art. 3 und 4 des Entwurfs der Brüsseler Deklaration 
gestrichen wurden, obwohl deren Aufrechthaltung gerade im 
Interesse des besetzten Gebiets sich entschieden empfohlen hätte!°, 
  
15 Man braucht in dieser Beziehung nur darauf hinzuweisen, dass es 
nicht im Interesse der Bevölkerung lag, dass die französischen Behörden ihre 
Thätigkeit einstellten, als die deutschen Truppen im Sommer und Herbst 
1870 Elsass und Lothringen besetzten; namentlich war die Einstellung der 
Thätigkeit der Gerichte und Polizeibehörden im Interesse der öffentlichen 
Sicherheit und der Aufrechthaltung des Rechtsschutzes sehr zu bedauern. 
Bei der grossen Empfindlichkeit der französischen Delegirten gegen jede
	        
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