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Ausserdem wurden verschiedene der erwähnten Artikel in ihrer
Fassung abgeschwächt, und endlich wurde noch die Bestimmung
beigefügt, dass keine kollektive Geld- oder sonstige Strafe gegen
die Bevölkerung des besetzten Gebiets wegen individueller Hand-
lungen verhängt werden darf, für welche die betreffenden Per-
sonen nicht als solidarisch haftbar betrachtet werden können.
Was die übrigen Bestimmungen der Konvention bezw. des
Reglements anlangt, so mag hier zunächst noch auf die Be-
stimmungen der von den Feindseligkeiten („hostilites“) handelnden
Sektion II hingewiesen werden, deren erstes Kapitel von den
Mitteln, dem Feinde zu schaden, den Belagerungen und Be-
schiessungen handelt!‘. In Art. 22 ist der Grundsatz an die
Spitze gestellt, dass die Kriegführenden keine unbeschränkte
Freiheit in der Wahl der Mittel haben, dem Feinde zu schaden.
Sodann ist nach Art. 23, abgesehen von den in besonderen Ver-
einbarungen enthaltenen Vorschriften, verboten: a) die Anwendung
Bezugnahme des Krieges von 1870/71 war freilich während der Verhand-
lungen der Konferenz ein derartiger Hinweis nicht möglich.
1° Ein genaueres Eingehen auf die sehr ausführlichen Vorschriften des
zweiten Kapitels über die Kriegsgefangenen (Art. 4—20) ist nicht veranlasst.
Nur folgende Punkte mögen hervorgehoben werden: „Die Kriegsgefangenen
sind in der Gewalt der feindlichen Regierung, nicht der Personen oder
Truppentheile, die sie gefangen genommen haben“ (Art. 4). Die Kriegs-
gelangenen können gegen Entschädigung zu ihrem Grade und ihrer Befähigung
entsprechenden Arbeiten verwendet werden (Art. 6). Die Regierung, in deren
Gewalt die Gefangenen sich befinden, hat für ihren Unterhalt zu sorgen
(Art. 7). Die Kriegsgefangenen sind den Gesetzen, Dienstanweisungen und
Anordnungen unterworfen, die in der Armee des Staates, in dessen Gewalt sie
sich befinden (Art. 8), gelten. — Die Art. 10—12 handeln von der Entlassung
der Kriegsgefangenen auf Ehrenwort, die Art. 14—16 bestimmen, dass bei Be-
ginn der Feindseligkeit in jedem der kriegführenden Staaten ein bureau de ren-
seignements errichtet werden soll und dass sich Unterstützungsgesellschaften
um die Kriegsgefangenen unter gewissen Voraussetzungen annehmen dürfen;
Art.18 schreibt vor, dass die Kriegsgefangenen in der Ausübung ihrer Religion
nicht gehindert werden sollen, Art. 19 trifft Bestimmungen über die Testa-
mente der Kriegsgefangenen, und Art. 20 ordnet an, dass nach Abschluss des
Friedens die Rückgabe der Kriegsgefangenen in kürzester Frist erfolgen soll.