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Privatrecht“, so verdient dieser freilich etwas ungenaue Ausdruck
nicht die herbe und spöttische Kritik, welche manche neueste
Autoren darüber ausgegossen haben.
Hiernach würde dann freilich scheinbar die sog. individuelle
Methode, von der allein JırrA allerdings für absehbare Zeit
Fortschritte für die Wissenschaft des internationalen Privatrechts
erwartet, die ausschliesslich berechtigte sein; denn das Völker-
recht kann immer nur die Schranken der Anwendung des Privat-
rechts der einzelnen Staaten angeben, nicht die positive An-
wendung, die von dem Willen der einzelnen Privatrechtsgesetz-
gebung abhängen muss.
Bei genauerer Betrachtung stellt sich indess die Sache anders
dar, und ergiebt sich, dass ein so scharfer Gegensatz, wie er
von JITTA zu Grunde gelegt wird, thatsächlich gar nicht existirt.
Ungeachtet der mannigfachen Verschiedenheiten der Privat-
rechtsordnungen der Kulturvölker sind doch gewisse Grundzüge
und Grundbegriffe ihnen gemeinsam, um so mehr als einerseits
römisches und andererseits germanisches Recht die grundlegenden
Faktoren der Rechtsordnungen der westlichen Kulturwelt ge-
worden sind und nach und nach auch in den fernen Osten ihren
Einzug zu bewirken scheinen. Nun treten in der internationalen
Projektion geringere Unterschiede zurück, oder mit anderen
Worten: die Unterschiede der einzelnen Rechtsordnungen erschei-
nen in gewissen umfassenderen Kategorien, deren einzelne Unter-
begriffe international die gleiche Behandlung erfahren. Die Ehe
z. B. zeigt in sämmtlichen christlichen Kulturstaaten doch wesent-
lich die gleiche juristische Struktur; die persönlichen Ehehindernisse,
oder positiv ausgedrückt, die persönlichen Eigenschaften, welche
zur Eingehung einer Ehe befähigen, sind ja nicht die gleichen in
den verschiedenen Ländern; aber in internationaler Beziehung
entwickeln die hierher gehörigen Rechtssätze unter dem Einflusse
der Bedürfnisse des Verkehrs in grossen Gruppen von Ländern
dieselbe Tendenz, und in den Ländern des europäischen Kon-