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So wenig es gelingen kann, den klaren Wortlaut der Ver-
ordnung von 1829 in sein Gregentheil umzudeuten, ebenso wenig
vermag man ihre Rechtskraft zu Gunsten der Instruktion von
1811 herabzudrücken. Besteht ein staatliches Bestätigungsrecht
für die Mitglieder städtischer Schuldeputationen im Allgemeinen
nicht wegen der Rechtsungiltigkeit der Bestätigungsklausel in der
Instruktion von 1811, so besteht es für Berlin im Besonderen
nicht, selbst wenn diese Klausel im Uebrigen rechtsgiltig wäre, weil
es hier durch die Verordnung von 1829 zweifellos aufgehoben ist.
_ Dass sich an diese klare und unzweideutige Verordnung von
1829 überhaupt eine Kontroverse knüpfen konnte, ist beinahe
noch erstaunlicher, als dass eine Instruktion von so anfechtbarer
Rechtsgiltigkeit, wie die von 1811, seit 90 Jahren die Grundlage
für die Organisation der städtischen Schulverwaltung in Preussen
bilden konnte. Erklärlich wird es nur durch die Erwägung, dass
an diesem Punkte die beiden heikelsten Gebiete unseres Öffent-
lichen Rechts zusammentreffen. Auf der einen Seite die Selbst-
verwaltung, deren Entwicklung nach dem ersten grossartigen,
aber kurzen Anlauf für lange Zeit in’s Stocken, ja in Rück-
bildung gerathen und auch durch die Gesetzgebung der letzten
Jahrzehnte nicht zu einem harmonischen Abschluss und zu wahrer
Rechtssicherheit geführt worden ist. Auf der anderen Seite die
Unterrichtsverwaltung, die in einer Zeit, welche überall nach ge-
setzlicher Normirung der Verwaltungsgebiete selbst zweiten und
dritten Ranges strebt, noch immer jeder umfassenden rechtlichen
Ordnung entbehren muss. Wo diese beiden Gebiete an einander
grenzen, da ist dann der wahre Tummelplatz für das „dem
preussischen Staate eigenthümliche Verfahren“, wie G neist sagt,
„der Umkehrung der Gesetze durch die Verwaltung“. Die Rechts-
stellung der städtischen Schuldeputationen ist dafür nur ein Bei-
spiel von vielen, aber ein recht lehrreiches,