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1872 (Ges.-Samml. S.183) ausdrücklich „in Ausführung des Art.23
Verf.-Urk. vom 31. Jan. 1850“ ergangen.
Es ist von vornherein klar, dass Art. 112 in Verbindung mit
Art.26 gegenüber den Vorschriften der Verfassungsurkunde über
das Schul- und Unterrichtswesen eine suspensive Wirkung aus-
üben wollte und zwar bis zum Erlass des „besonderen Gesetzes“
über „das ganze Unterrichtswesen“. Um die Tragweite dieses
Satzes für das heutige Recht festzustellen, bedarf es einer Ant-
wort auf drei Fragen:
1. Befassen sich die Art. 20—25 nur mit dem Schul- und
Unterrichtswesen?
2. Bis zu welchem Grade wirkt die suspensive Kraft des
Art. 112 den von ihr betroffenen Vorschriften gegenüber ?
3. Ist durch die spätere Spezialgesetzgebung auf dem Ge-
biete des Schul- und Unterrichtswesens eine Aenderung
des ursprünglichen Zustandes herbeigeführt worden?
Dass die Art. 21—25'! sich lediglich mit dem Schul- und
Unterrichtswesen befassen, ist ohne Weiteres ersichtlich und
! Art. 21: Für die Bildung der Jugend soll durch öffentliche Schulen
genügend gesorgt werden. — Eltern und deren Stellvertreter dürfen ihre
Kinder oder Pflegebefohlenen nicht ohne den Unterricht lassen, welcher für
die öffentlichen Volksschulen vorgeschrieben ist. — Art. 22: Unterricht zu
ertheilen und Unterrichtsanstalten zu gründen und zu leiten, steht Jedem frei,
wenn er seine sittliche, wissenschaftliche und technische Befähigung den
betreffenden Staatsbehörden nachgewiesen hat. — Art. 23: Alle öffentlichen
und Privatunterrichts- und Erziehungsanstalten stehen unter der Aufsicht
vom Staate ernannter Behörden. — Die öffentlichen Lehrer haben die
Rechte und Pflichten der Staatsdiener. — Art. 24: Bei der Einrichtung der
öffentlichen Volksschulen sind die konfessionellen Verhältnisse möglichst zu
berücksichtigen. — Den religiösen Unterricht in der Volksschule leiten die
betreffenden Religionsgesellschaften. — Die Leitung der äusseren Angelegen-
heiten der Volksschule steht der Gemeinde zu. Der Staat stellt unter ge-
setzlich geordneter Betheiligung der Gemeinden aus der Zahl der Befähigten
die Lehrer der öffentlichen Volksschulen an. — Art. 25: Die Mittel zur
Errichtung, Unterhaltung und Erweiterung der öffentlichen Volksschule
werden von den Gemeinden, und im Falle des nachgewiesenen Unvermögens