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gesetzgebenden (ewalt des Staates bedeuten, welche sicherlich
nicht in der Absicht des Art. 112 gelegen hat; vielmehr ist diese
lediglich auf die Suspension der Art, 20—25 gegangen. Die
Spezialgesetzgebung auf dem Gebiete des Schul- und Unterrichts-
wesens kann nun in doppelter Weise erfolgen: einmal als „stück-
weise* Erfüllung der in Art. 26 gegebenen Verheissung eines
organischen Unterrichtsgesetzes, dann aber auch in blosser Er-
gänzung des zur Zeit noch währenden provisorischen Zustandes
des Schul- und Unterrichtswesens. Es ist kein Grund abzusehen,
wesshalb eine dieser Möglichkeiten ausgeschlossen sein sollte; beide
ergeben sich als natürliche Folge aus der Thatsache, dass die
gesetzgebende Gewalt an sich unbeschränkt ist, durch die Art. 26
u. 112 nicht hat beschränkt werden sollen und die Art. 20—25,
welche eine Beschränkung der gesetzgebenden Gewalt enthalten
würden, zur Zeit suspendirt sind. Es steht daher im freien Be-
lieben des Gesetzgebers, welche Bedeutung er im einzelnen Falle
seinen Gesetzen auf dem Gebiete des Schul- und Unterrichts-
wesens beimessen will: ob sie einen quantitativen Theil des in
Art. 26 verheissenen Gesetzes darstellen, also zu ihrem Theile
eine Erfüllung des hier gegebenen Versprechens sein sollen oder
nur eine Aufbesserung des derzeitigen provisorischen Zustandes
bilden sollen. Wenn aber im speziellen Falle die Absicht des
Gesetzgebers auf die erstere Alternative gerichtet ist und er dies
klar zum Ausdruck gebracht hat, so muss man auch die Kon-
sequenz ziehen, dass, soweit durch das Spezialgesetz Vorschriften
der Art. 20—25 ausgeführt sind, diese nunmehr definitive Kraft
erlangt haben und nicht mehr gemäss Art. 112 suspendirt sind;
denn dann ist die Bedingung, unter welche Art. 112 ihre Geltung
gestellt hatte, bezüglich ihrer definitiv erfüllt. Diese Folgerung
ist zwar bisher noch nicht gezogen, sie erscheint aber unabweis-
bar. Von praktischer Bedeutung ist sie für Art. 23. Denn das
Gesetz, betr. die Beaufsichtigung des Unterrichts- und Erziehungs-
wesens, vom 11. März 1872 ist, wie bei den Landtagsverhand-