Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

247 — 
werden. (leichwohl hat die neuere Gesetzgebung trotz des un- 
verkennbaren staatlichen Bedürfnisses nach einer möglichsten 
Sicherung der Bevölkerungskontrolle sich nicht bestimmen lassen, 
von dem Prinzip der Auswanderungsfreiheit, d. h. hier der form- 
losen Loslösung vom bisherigen Heimathsstaate abzugehen und 
die Ausscheidung an mehr oder minder umständliche Formalakte 
zu binden. 
Einen deutlichen Nachweis für diesen charakteristischen Zug 
der deutschen Gesetzgebung und Verwaltung geben das geltende 
Reichsgesetz über das Auswanderungswesen vom 9. Juni 1897 
und seine Entstehungsgeschichte?®. Ohne einen gesetzlichen Be- 
griff der Auswanderung oder des Auswanderers zu geben, be- 
schränkt jenes sich im $ 23 darauf, die Beförderung, sowie den 
Abschluss von Verträgen über die Beförderung zu verbieten: 
a) von Wehrpflichtigen im Alter vom vollendeten siebzehnten 
bis zum vollendeten fünfundzwanzigsten Lebensjahre, bevor 
sie eine Entlassungsurkunde (8 14 des Gesetzes über die 
Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörig- 
keit vom 1. Juni 1870) oder ein Zeugniss der Ersatzkommis- 
sion darüber beigebracht haben, dass ihrer Auswanderung 
aus dem Grunde der Wehrpflicht kein Hinderniss entgegen- 
steht; 
b) von Personen, deren Verhaftung oder Festnahme von einer 
Gerichts- oder Polizeibehörde angeordnet ist; 
c) von Reichsangehörigen, für welche von fremden Regierungen 
oder von Kolonisationsgesellschaften oder ähnlichen Unter- 
nehmungen der Beförderungspreis ganz oder theilweise be- 
zahlt wird oder Vorschüsse geleistet werden; Ausnahmen 
von dieser Bestimmung kann der Reichskanzler zulassen. 
2 Vgl. P. Goetsch, Das Reichsgesetz über das Auswanderungswesen 
(Berlin, C. Heymann, 1898), und meine Erläuterung des Reichsgesetzes über 
das Auswanderungswesen in der Guttentag’schen Sammlung deutscher Reichs- 
gesetze (Berlin 1899).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.