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gruppen trotz der Verschiedenheit ihrer rechtlichen Lage gleich
behandeln, so verstossen sie in diesem Punkte gegen das Gesetz
und sind daber insoweit rechtsungültig. Es gilt hier eben
diejenigen Personen, welche nur unter den gesetzlichen Voraus-
setzungen den Befehl der Staatsbehörden zur Leistung des
Militärdienstes mit rechtlicher Kraft und Gültigkeit erhalten
können, scharf von denjenigen zu scheiden, die diesen Befehl
bereits erhalten haben und sich durch die Flucht dem an-
getretenen Dienst entzogen haben, dem sie bereits rechtlich zu-
gewiesen sind. Dass wir hier zwischen der latenten Pflicht und
dem wirksam gewordenen amtlichen Dienst unterscheiden müs-
sen!°, liegt in der Natur der Dinge und ist auch in dem unsere
Rechtsordnung durchziehenden Dualismus des bürgerlichen Straf-
rechts und des Standes-Militärstrafrechts begründet.
Dass der Militärverwaltung aus dieser im Gesetze gezogenen
Grenzlinie Schwierigkeiten erwachsen, soll nicht in Abrede ge-
stellt werden. Solange die dagegen ergriffenen Vorkehrungen in
die Rechtsordnung nicht störend eingreifen, wird ihnen wohl auch
ein rechtlicher Widerspruch nicht entgegenzusetzen sein. So
theilt der Standesbeamte, Jahrg. 1876 S. 119, eine Regierungs-
verfügung mit, die die Standesbeamten anweist, die Ehen von
Militärpflichtigen vor Ableistung ihrer Dienstpflicht nach
Kräften zu verhindern und die betreffenden Personen protokol-
larisch zu verwarnen, dass durch ihre Verheirathung keine An-
sprüche auf Zurückstellung oder Befreiung vom Militärdienste
begründet werden!!. Man wird Hısscnius!?® nur bedingt bei-
pflichten müssen, wenn er sagt, dass die erste Anordnung dem
Gesetze widerstreite, da der Standesbeamte weder Ehen zu
befördern, noch zu verhindern habe, sondern blos die Gesetz-
10 9, hierzu LaBann a. a OÖ. Bd. II S. 597.
1! Vgl. Kruse a. a. O. S. 174.
12 Hınschivs, Das Reichsgesetz über die Beurkundung des Personen-
standes und die Eheschliessung, Anm. zu $ 38.