—_ 1 —
So ergiebt sich ein Widerstreit in Ansehung der Herr-
schaft über die Personen: unbeschränkte Herrschaft kraft Staats-
angehörigkeit und unbeschränkte Herrschaft kraft Aufenthalts der
Person im Staatsgebiete. Dieser Widerspruch ist völkerrechtlich
dahin zu lösen: die Personalhoheit (kraft Staatsangehörigkeit)
ist die stärkere Gewalt; die (Gebietshoheit des Staates be-
schränkt sich auf das für seine Wohlfahrt erforderliche Mini-
mum, auf gewisse Normen des allgemeinen Verhaltens, die freilich
auch als absolute Rechte privater Personen ausgestaltet werden
können.
ZITELMANN wiederholt, anscheinend ohne sich dessen bewusst
zu werden, mit diesen Sätzen eigentlich die moderne italienische
Theorie: es gilt das Nationalrecht der Personen, insoweit es
nicht durch die öffentliche Ordnung eines anderen Staates be-
schränkt wird. Indess kommt es hier, wo es nur um die Richtig-
keit der von ZITELMANN angenommenen Prinzipien und der
Methode sich handelt, auf diese Konvergenz nicht an, und eben-
sowenig darauf, dass ZITELMANN nun für die Umrisse der einzelnen
Materien: Personenrecht, Sachenrecht u. s. w. ungefähr zu den-
selben Resultaten gelangt, welche in der Theorie und Praxis des
europäischen Kontinents bisher angenommen sind. Zuweilen
sehen die Argumente im Einzelnen den bereits von Anderen an-
gewandten recht ähnlich; die Verbindung mit dem allgemeinen
nüberstaatlichen“ Prinzip ist oft eine ebenso lose wie gewaltsame.
Hervorzuheben ist indess, dass das Obligationenrecht mit Aus-
nahme der nach dem Orte der Handlung zu beurtheilenden
Deliktsfolgen ganz abweichend von der in Deutschland herr-
schenden Praxis auf das Recht der Staatsangehörigkeit des
Schuldners basirt wird; für die Berücksichtigung des Domizils
bleibt eben nach ZıteLmann’s Theorie kein Raum (vgl. S. 124
bis 158), Nun mag man ja die Zurückführung aller Privat-
rechte auf staatliche Omnipotenz und die Auflösung aller
Rechte in Bündel von staatlichen Geboten und Verboten gelten