Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

— 305 — 
Natur in Art und Mass bedingt wird durch die Beschaffenheit thatsächlich 
vorhandener Rechtszustände. Hiernach sind politische Delikte alle diejenigen 
Legalbestände, die sich unmittelbar gegen die politische Gesamtorganisation 
des Volkes richten. Politische Thatbestände können zusammengesetzter 
(gemischter, komplexer) Natur sein. Nach bestehendem Völkerrecht ist, 
soweit nicht Ausnahmen vertragsmässig gemacht werden, mit dem einfachen 
auch das zusammengesetzte politische Delikt der Extradition entzogen. Der 
Anschlag auf das Leben eines Monarchen ist und bleibt ohne die belgische 
Klausel ein Asyldelikt. Gemäss dem Gesetze von 1833 nehmen auch die 
belgischen Verträge den Begriff des politischen Delikts im objektiven Sinne 
und unterscheiden von ihm die konnexe Strafthat, eine Bestimmung, welche 
international geworden ist. 
Nach einer Darlegung des französischen Rechts seit der Julirevolution 
bis 1869 erläutert Verf. den Fall Jacquin und kommt sodann auf das belgi- 
sche Gesetz über die politischen Attentate vom 22. März 1856, die zur Be- 
hebung der Zweifel über den Sinn des Art. 6 des Gesetzes von 1833 er- 
gangene Novelle, zu sprechen. Praktisch besagt diese, dass jede Tötung 
der erlauchten Person, sofern sie nicht als militärisches Kampfmittel an- 
zusehen ist, dem Auslieferungszwange verfalle. Diese Novelle hat einen 
wahren Siegeszug durch Europa gehalten, indem fast sämtliche Glieder unserer 
Staatenwelt das Bedürfnis nach Beschränkung des politischen Asylschutzes 
im Sinne der belgischen Klausel anerkannt haben. Nur drei Staaten, nämlich 
die Schweiz, Grossbritannien und Italien verweigern ihre Zustimmung. Der 
Gegnerschaft dieser Staaten widmet der Verf. eine längere Darlegung, so- 
dann geht er über auf Frankreichs und Belgiens Gesetzgebung bezüglich der 
im Auslande begangenen Delikte, auf die Fremdenausweisung im belgischen 
Recht, sowie auf die neuen belgischen Auslieferungsgesetze und Verträge, 
von denen namentlich das von 1868 erheblich zur Uniformierung des völker- 
rechtlichen Rechtshilfeverkehrs beigetragen hat, welch letzteres Gesetz 
wiederum durch das von 1874 ersetzt worden ist, und behandelt in einer 
systematischen Uebersicht das heutige belgische Auslieferungsrecht, soweit 
dasselbe gesetzlicher Natur ist, sowie die strafrechtliche Rechtshilfe des 
belgischen Vertragsrechts. Den Schluss des vortrefflichen Werkes bildet 
eine Darstellung einzelner Betrachtungen über moderne Auslieferungsgesetze. 
In Anlage I befindet sich eine Sammlung von Auslieferungs- und Fremden- 
gesetzen und in Anlage II ein Repertorium der modernen Auslieferungs- 
verträge. Ein ausreichendes, über beide Teile des Werkes sich erstreckendes 
Sachregister erleichtert das Auffinden der einzelnen Materien. 
Frankfurta.M. Dr. Menzen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.