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lassen. Aber der Hauptsatz unter 1 ist von ZITELMANN
absolut nicht bewiesen; noch weniger ist er geltendes Völker-
recht.
Vor Allem kommt hier das bisher im gemeinen deutschen
Rechte geitende und z. B. in England und den Vereinigten
Staaten von Nordamerika, also in einem recht bedeutenden Theile
der civilisirten Welt geltende, für absehbare Zeit daselbst schwer-
lich aufzugebende Domizilprinzip in Betracht, welches ZITELMANN
so ziemlich völlig ausser Acht lässt. Soll dies Prinzip völker-
rechtswidrig sein? Soll ein Staat nicht berechtigt sein, zu be-
stimmen, dass die Fremden, welchein seinem Gebiete ihren Wohn-
sitz nehmen, damit auch vollständig in seine privatrechtliche
Rechtsordnung eintreten? Dagegen zu protestiren, ist noch keinem
Staate eingefallen, um so weniger, als die Bestimmung des sog.
persönlichen Rechts oder auch des Familienrechts nach der Staats-
angehörigkeit erst neueren Ursprungs ist (wenngleich das Alter-
thum ebenfalls das Prinzip der Staatsangehörigkeit hatte). Und
völlig unrichtig ist die Folgerung, dass jeder Staat völkerrecht-
lich die Verpflichtung habe, dazu zu helfen, das persönliche Recht,
wie es nach dem Gesetze des Heimathstaates bestimmt ist, zur
Herrschaft zu bringen. Man weiss wirklich nicht, wo dieser Satz
im geltenden Völkerrecht zu finden ist, oder wo er seine Stütze
hat. In Wahrheit folgert ZITELMANN diesen Satz, wie überhaupt
den gesammten Satz 1, wie die gesammte von ihm angenommene
Befehlsmacht des Heimathstaates (d. h. desjenigen Staates, für
den der Einzelne Staatsangehöriger ist) aus der von ihm früher
vornehm abgewiesenen Natur der Sache, wie sie ihm, nicht aber
unbedingt Anderen erscheint. Da er aber sich dessen nicht be-
wusst wird, ihm vielmehr die gelieferten Beweise die Natur
mathematisch sicherer Beweise zu haben scheinen, da er es ver-
schmäht, sie an dem Konsens oder Dissens der Autoren und der
gerichtlichen Urtheile, an der Erwägung der einzelnen Konse-
quenzen zu prüfen, so führt ihn die verborgene Argumentation