Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

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Damit dürfte die allgemeine Theorie eines besonderen 
überstaatlichen internationalen Privatrechts erschöpft sein, wenn 
im Uebrigen der Richter an die Natur der Sache sich halten 
würde. Selbstverständlich giebt es ein überstaatliches besonderes, 
d.h. durch besondere völkerrechtliche Abmachungen sanktionirtes 
internationales Privatrecht. Es lässt aber darüber eine all- 
gemeine Theorie sich schwerlich aufstellen; vielmehr ist eine 
juristische Betrachtung dabei nur vom Standpunkte des Rechtes 
der einzelnen betheiligten Staaten möglich. Allerdings kann man 
sagen: wenn zwei oder mehrere Staaten sich über diesen oder 
jenen Satz im internationalen Privatrechte geeinigt haben, so 
folgt daraus weiter Dieses und Jenes. 
ZITELMANN stellt aber neben der Kategorie des vollkommen 
überstaatlichen internationalen Privatrechts noch die Kategorie 
des unvollkommenen überstaatlichen auf (8. 166—191). 
Darunter wird die Behandlung der Fälle verstanden, in denen 
die Voraussetzungen oder — wie der jetzt so beliebte Ausdruck 
lautet — die Anknüpfungsbegriffe des internationalen Privatrechts 
versagen oder zu versagen scheinen, also die Behandlung der 
Fälle der mehrfachen, bezw. der mangelnden Staatsangehörigkeit, 
des mehrfachen, des mangelnden Wohnsitzes, der nicht v orhandenen, 
unvollkommenen, bestrittenen Gebietshoheit. 
Eine allgemeine Theorie über diese Fälle ist aber wohl un- 
möglich; es wird die Natur der einzelnen Rechtssätze entscheiden 
oder doch wenigstens von grösstem Einflusse darüber sein müssen, 
ob wir sie z. B. auf Handlungen von Inländern in einem keiner 
Gebietshoheit unterworfenen oder nur von nicht civilisirten Negern 
bewohnten Gebiete zu erstrecken haben, und ohne Beachtung des 
Wenn also ein in Frankreich domizilirter Russe dort eine Russin heirathet, 
so ist auch in Ländern, die für die Fähigkeit zur Eheschliessung im All- 
gemeinen das Recht des Domizils entscheiden lassen, für die Beurtheilung 
der Gültigkeit jener Ehe nach Massgabe der persönlichen Fähigkeit das 
russische und nicht das französische Recht als entscheidend anzusehen.
	        
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