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(höherer) Genehmigung zu erlassen. Die Minister selbst übten
thatsächlich ein allgemeines Polizeiverordnungsrecht aus?®, Im
rheinischen Recht hatten die Bürgermeister ein Lokalpolizeiverord-
nungsrecht ?!, die Regierungen und das rheinische Oberbergamt das-
jenige der Präfekten. Diese im Einzelnen nicht übersehbare, ganze
Bibliotheken füllende Menge von Rechtsverordnungen hiessen gerade
im Gegensatze zu Gesetzen Verordnungen. Auch in Frank-
reich und Belgien, und dort erst recht, war und ist „loi“
nie ein materieller, sondern stets ein formeller Begriff ge-
wesen: es bedeutete und bedeutet höchste Anordnung, An-
ordnung, die von der höchsten Gewalt ausgeht, die un-
bedingt für Jedermann, für alle Gerichts- und Ver-
waltungsbehörden bindend ist, ohne Rücksicht auf den
Inhalt. Die declaration des droits de ’homme et des citoyens
1791 erklärt: „L’expression de la volont&e gen£rale est la loi.*
— Also „loi“ ist nicht jede Rechtsnorm, sondern die von dem
allgemeinen Willen (der obersten Stelle) erklärte Anordnung.
„Loi“ ist durch den Wechsel aller Verfassungen: oberster,
unbedingt und allgemein verbindlicher Staatswille, gleichviel ob
er eine Rechtsnorm zum Gregenstande hat oder nicht: ein Friedens-
schluss und eine Anleihe nicht minder als ein neues Steuer- oder
Prozessgesetz. Derselbe Akt, von der höchsten Gewalt be-
thätigt, heisst „loi“#, vom Präsidenten bethätigt, „dö&cret“ oder
„arrete® oder „reglement“. Wenn das Eigenthum nach dem
Code civil art. 549 den Beschränkungen unterworfen ist, die ihm
die „lois* und die „röglements“ auferlegen, so ist es klar, dass
„loi“ hier nicht Rechtssatz sein kann; denn auch die „reglements“
stellten solche dar. Dasselbe gilt von Art. 93 des Code des mines
20 Staatsministerialbeschluss vom 7. Jan. 1845 im Justizministerialblatt
1845 S. 84; Verwaltungsministerialblatt 8.45; Erkenntniss des Obertribunals
vom 6. März 1856, Justizministerialblatt Bd. XVIII S. 155.
2! Rheinische Gemeindeordnung vom 23. Juli 1845 (G.-S. 8.523) $ 108
Abs. 8; OPppenHuorr, Ressortgesetze $. 215.