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der Krone versagt wäre, dem Staate Lasten oder einzelnen Staats-
bürgern Verpflichtungen (durch Verordnung) aufzuerlegen, so wäre
sicher der ganze Satz als überflüssig fortgeblieben. Jedoch so
scharf, dies gebe ich selbst zu, darf man nicht interpretiren.
Ich gebe unumwunden zu, dass man bei diesem innerlich „un-
klaren Satze“, wie ihn die Motive der Verfassungskommission
(Waldeck) bezeichnen, die königlichen Rechte hat einschränken
wollen und dass man da, wo die Krone in das Gebiet der
„gesetzgebenden Gewalt“ durch einen Vertrag eingreifen
würde, für diesen Vertrag die Landtagsgenehmigung gefordert
hat. Das hat REICHENSPERGER gemeint (Stenogr. Ber. der
II. Kammer 1849 I S. 336). Aber gerade dieser Art. 48 zeigt
nun, dass der König selbst Rechtsnormen durch Staatsverträge
ohne Landtagsgenehmigung anbefohlen hat, z.B. Post-, Telegraphen-
verträge, Militärkonventionen, Eisenbahnverträge, Freizügigkeits-
verträge, Verträge zur Handhabung der Rechtspflege und der
Polizei, zur Uebernahme der Jurisdiktion der Gemeinheitstheilungs-
und Ablösungsgeschäfte, die Konventionen wegen Uebernahme
von Vagabunden und Ausgewiesenen, die Verträge über Ver-
pflegung hülfsbedürftiger Staatsangehörigen mit den deutschen
Staaten und den Kantonen der Schweiz, den Postkartenvertrag,
die Etappenkonventionen, die Gothaer Konvention vom 22. Aug.
1864°®, Da die berufenen Wächter hierüber, die Kammern, die
Rechtmässigkeit dieser Verträge nicht bestritten haben, so wäre
damit dieser Fall klargestellt. Aber ich will, soweit es der Raum
hier gestattet, auch die Gründe für die Praxis angeben, oder
richtiger, die längst bekannten kurz wiederholen. Auch die Vor-
schrift in Art. 48 ist aus der belgischen Art. 68 übersetzt und
lautet dort: „les traites de commerce et ceux qui pourront gröver
l’Etat ou lier individuellement les Belges n’ont d’effet qu’aprös
avoir recu l’assentiment des Chambres.“ Damit meinte man
3 $, GnEIsT in seinem Gutachten zu Art. 48 in den Sten. Ber. des
Abgeordnetenhauses 1868/69 Anl.-Bd. II, Actenstück No. 236 8. 1817.