Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

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Kraft des Verordnenden bindende Verordnungen im Civil- wie 
Strafrecht unstatthaft sind, dass daher annähernd oder doch im 
Ergebnisse annähernd mit Recht behauptet werden kann, wenn 
man in den Straf- und COivilrechtsstand eines Preussen mit einer 
die ordentlichen Gerichte bindenden Wirkung eingreifen will, sei ein 
Gesetz oder eine Nothverordnung nöthig (STAHL, Stenogr. Ber. 
der I. Kammer 1849 S. 183, ferner v. DAniIELs l. c.: „Es dürfen 
solche Verordnungen nicht enthalten, was den verbrieften, auf 
Handrechten beruhenden verfassungsmässigen Freiheiten, den ge- 
gebenen Rechten des Volkes zuwider wäre“ und Kiısker |. c.: 
„ihr (der Verordnungen) wesentlicher Oharakter ist, dass sie, 
soweit die Verfassung selbst ihnen nicht ausdrücklich Gesetzes- 
kraft beilegt, soweit sie also nicht oktroyirte sind, keine Verände- 
rung im Rechtsstande der Staatsangehörigen bewirken, der Ver- 
fassung und den Gesetzen nachstehen.* Nehmen wir hinzu, dass 
die Press-, Vereins-, Versammlungsfreiheit nur durch Gesetz ver- 
ändert, die Staatsangehörigkeit durch Gesetz geregelt, Strafen und 
Steuern nur durch Gesetz eingeführt werden können, und vor Allem, 
dass der Landtag das Ausgabenbewilligungsrecht hat, so kann man 
auch nicht behaupten, dass wir in einem krypto-absolutistischen 
Staate leben und dass die seit 50 Jahren von allen Landtagen 
gekannte und nie missbilligte, von allen Behörden ausgeübte, 
allen Unterthanen befolgte Praxis dieses Staates bezüglich des 
Verordnungsrechts, welche mit der Theorie des Unterzeichneten 
zusammenfällt, besondere Gefahren für die Freiheiten oder die 
Besorgniss neuer ernster Zerwürfnisse rechtfertigt. Sehen wir 
vom Schul- und Militärwesen ab, so handelt es sich um politisch 
an sich ganz minderwerthige Dinge (Höhe der Telegraphen- 
gebühren, Garantiepflicht der Telegraphenverwaltung u. dergl.). 
Jedoch, da es bekanntlich schwer ist, Jemanden zu überzeugen, 
so muss ich meine Gegner noch stärker beschwören: 
1. Beim Unterrichtswesen war man sich bewusst, dass bei 
Emanation der Verfassung noch die Exekutive die Rechtsnormen
	        
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