— 393 —
klarschreibe*. Er hält diejenige Art des Arbeitens, dass von
dem ernannten Berichterstatter vor dem Termin auf Grund der
Schriftsätze eine schriftliche Vorarbeit geliefert und mit dieser
die Sache zeitig an den Vorsitzenden zur weiteren Prüfung ab-
gegeben werde, für diejenige, mittels welcher allein eine gediegene
Rechtsprechung aufrecht erhalten werden könne "°. In der schrift-
lichen Vorarbeit soll sich eine Art Geistesgymnastik bethätigen,
die nicht nur der Entscheidung des einzelnen Falles, sondern
auch der Aufrechterhaltung einer praktischen Rechtswissenschaft
zu Gute komme.
Wer aber die Sache schon so gründlich durchgearbeitet hat,
geht sicherlich mit einer vorgefassten Meinung an die Verhand-
lung heran. Er wird jede Behauptung, welche die Partei etwa
neu vorbringt, möglichst in seiner Argumentation unterzubringen
suchen, ohne dieselbe erschüttern zu lassen. Wie schwierig ein
Gericht sich von einer einmal gefassten Ansicht abbringen lässt,
auch wenn es auf einen falschen Weg gerathen ist, zeigt das
erfahrungsmässige Beharren der Gerichte auf dem in einem
Beweisbeschluss niedergelegten Standpunkt. Mit Recht ist man
davon ausgegangen, dass der Beweisbeschluss nicht bindend für
das ganze Verfahren sein soll, dass es dem Gericht vielmehr frei-
stehen soll, nach erkannter Unrichtigkeit den in dem Beweis-
beschluss niedergelegten Standpunkt zu verlassen. Aber selbst
dem eingehendsten, mit triftigsten Gründen versehenen Plaidoyer
ist es nur selten möglich, ein Gericht zur Aufgabe seines unrichtigen
Standpunktes zu bewegen. Ganz analog liegt die Sache beim
schriftlichen Referat.
Und wie nachtheilig äussert sich die Wirkung des Referats
auf die kollegiale Berathung! Der Referent hat allerdings zu Hause
das gesammte Aktenmaterial eingehend geprüft, die einschlägige
Rechtsprechung und Literatur studirt und ist daher nach jeder
2 Jahrb. f. Dogmatik Bd. XXIII S. 412f,