Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

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Bevölkerung verbreiten, ohne dass gleichzeitig der dem Ange- 
klagten günstige Ausgang des Verfahrens bekannt wird. 
Aber dieses Moment, dass eine rasche Entscheidung dem 
Interesse der Parteien entspreche; ist nicht dasjenige, welches 
von den Anhängern der sofortigen Entscheidung in Civilsachen 
in den Vordergrund gerückt wird. Man stützt sich vielmehr auf 
das Interesse des Mündlichkeitsprinzips.. Die Mündlichkeit und 
Unmittelbarkeit des Verfahrens soll nur dann in vollem Umfange 
zur Geltung kommen, wenn die Urtheilsfindung sich unter dem 
lebendigen Eindruck der vorangegangenen Verhandlung vollzieht. 
Wir verweisen auf die Begründung, welche, wie oben '!® mitgetheilt, 
in der Reichstagskommission dem Antrage zu $ 127 der alten 
Civilprozessordnung gegeben wurde. 
Es ist zuzugeben, dass es, wenn sonst keine Hindernisse be- 
ständen, dem Mündlichkeitsprinzip am besten entspricht, wenn 
die Berathung der Entscheidung sich unmittelbar an die Ver- 
handlung anschliesst. Dann ist der Eindruck der Verhandlung 
am frischesten. Aber so rasch, wie die Anhänger der sofortigen 
Berathung glauben machen wollen, verwischt sich dieser Eindruck 
nicht. Allerdings ist das Gedächtniss und die Fähigkeit, dem- 
selben durch Aufzeichnungen nachzuhelfen, etwas sehr Indi- 
viduelles. Der Eine kann sich an der Hand von Notizen noch 
nach Monaten genau die Einzelheiten einer Verhandlung in die 
Erinnerung zurückrufen, während dem Anderen schon nach 
Wochen diese Fähigkeit fehlt. Wie sehr selbst bei hervorragen- 
den Juristen dieser Unterschied hervortritt, zeigt sich an den 
einander entgegenstehenden Aeusserungen von WAcH und BÄHR. 
Ersterer hatte!® ausgeführt, dass bei einiger Sorgfalt und Uebung 
auch der nicht stenographirende Richter den Gesammtinhalt der 
mündlichen Verhandlung richtig zu fixiren vermöge. „Ich berufe 
15 Siehe am Beginn dieser Abhandlung. 
18 Die C.-P.-O. und die Praxis 8. 44.
	        
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