Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

— 410 — 
nicht als einseitiges Votum eines einzelnen Gerichtsmitgliedes, 
sondern als Entscheidung des ganzen Gerichts, und auch nicht 
angefertigt vor der Verhandlung auf Grund der Schriftsätze der 
Parteien, sondern entsprechend dem Geist der Civilprozessordnung 
auf Grund der mündlichen Verhandlung. Wer auf das „Sichklar- 
schreiben“ einen grossen Werth legt, wird mir unter der Voraus- 
setzung des Fortfalls des schriftlichen Referats, in der Betonung 
der Nothwendigkeit der schriftlichen Fixirung der Urtheilsgründe 
vor der Verkündung beistimmen müssen. 
IV. 
Ich möchte hier noch einige Worte über die Verkündung 
der Entscheidung im amtsgerichtlichen Prozess anfügen. Im 
amtsgerichtlichen Verfahren hat die sofortige Verkündung der 
Entscheidung allerdings eine etwas stärkere Bedeutung als im 
landgerichtlichen Verfahren. Die Parteien erscheinen vielfach per- 
sönlich vor dem Richter, sie kommen theilweise weither über 
Land. Es ist begreiflich, dass sie vom Richter sofort den Spruch 
zu hören wünschen, dass in ihren Augen der Richter vielleicht 
nicht auf der Höhe seiner Aufgabe zu stehen scheint, wenn er 
nicht im Stande ist, das Urtheil vom Stuhle zu sprechen. 
‘Und es ist ja auch wahr, dass beim Amtsgericht viel häufiger 
als beim Landgericht die Sachen so einfach liegen, dass eine so- 
fortige Entscheidung möglich ist. Weiter kann man zu Gunsten 
der sofortigen Entscheidung anführen, dass mangels Vorliegens 
von Schriftsätzen es dem Richter nach Ablauf einer Reihe von 
Tagen nicht ohne weitere Hülfe leicht sein wird, einen richtigen 
Thatbestand fertigzustellen. Doch wird er sich hier ebenso durch 
Notizen nachhelfen können, wie der Kollegialrichter. 
Jedenfalls spricht dieses letzte Moment nur scheinbar zu 
Gunsten der sofortigen Entscheidung. Denn der Richter muss 
den Thatbestand ja doch nachher schriftlich feststellen, und wenn 
er dazu, wie die Erfahrung lehrt, im Stande ist, so kann er auch
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.