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nicht als einseitiges Votum eines einzelnen Gerichtsmitgliedes,
sondern als Entscheidung des ganzen Gerichts, und auch nicht
angefertigt vor der Verhandlung auf Grund der Schriftsätze der
Parteien, sondern entsprechend dem Geist der Civilprozessordnung
auf Grund der mündlichen Verhandlung. Wer auf das „Sichklar-
schreiben“ einen grossen Werth legt, wird mir unter der Voraus-
setzung des Fortfalls des schriftlichen Referats, in der Betonung
der Nothwendigkeit der schriftlichen Fixirung der Urtheilsgründe
vor der Verkündung beistimmen müssen.
IV.
Ich möchte hier noch einige Worte über die Verkündung
der Entscheidung im amtsgerichtlichen Prozess anfügen. Im
amtsgerichtlichen Verfahren hat die sofortige Verkündung der
Entscheidung allerdings eine etwas stärkere Bedeutung als im
landgerichtlichen Verfahren. Die Parteien erscheinen vielfach per-
sönlich vor dem Richter, sie kommen theilweise weither über
Land. Es ist begreiflich, dass sie vom Richter sofort den Spruch
zu hören wünschen, dass in ihren Augen der Richter vielleicht
nicht auf der Höhe seiner Aufgabe zu stehen scheint, wenn er
nicht im Stande ist, das Urtheil vom Stuhle zu sprechen.
‘Und es ist ja auch wahr, dass beim Amtsgericht viel häufiger
als beim Landgericht die Sachen so einfach liegen, dass eine so-
fortige Entscheidung möglich ist. Weiter kann man zu Gunsten
der sofortigen Entscheidung anführen, dass mangels Vorliegens
von Schriftsätzen es dem Richter nach Ablauf einer Reihe von
Tagen nicht ohne weitere Hülfe leicht sein wird, einen richtigen
Thatbestand fertigzustellen. Doch wird er sich hier ebenso durch
Notizen nachhelfen können, wie der Kollegialrichter.
Jedenfalls spricht dieses letzte Moment nur scheinbar zu
Gunsten der sofortigen Entscheidung. Denn der Richter muss
den Thatbestand ja doch nachher schriftlich feststellen, und wenn
er dazu, wie die Erfahrung lehrt, im Stande ist, so kann er auch