Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

— 412 — 
theil der Rechtsanwälte ging dann aber dahin, dass sie die Urtheile 
Jetzt allerdings sofort erhielten, dass die Urtheile aber auch darnach 
wären. Promptheit der Justiz ist ein richtiger Grundsatz. Aber sie 
darf nicht auf Kosten der Richtigkeit der Entscheidungen gehen. 
Eine Schablonisirung ist in der Justiz durchaus nicht am Platze. 
Die Richter können in dieser Beziehung nicht einschwenken, wie 
die Unteroffiziere. Das Gesetz gibt ihnen die Befugniss, die 
Verkündung der Entscheidung eine Woche auszusetzen, und wenn sie 
hiervon Gebrauch machen, so thun sie es, weil sie es im Interesse 
einer gedeihlichen Rechtsprechung für richtig halten, und weil sie 
glauben, dass auf diese Weise ihre Eintscheidungen sorgfältig er- 
wogen und daher zutreffende sind. Es ist desshalb durchaus zu 
billigen, dass die Reichstagskommission auch für den amtsgericht- 
lichen Prozess von der Aufnahme einer Vorschrift über die so- 
fortige Verkündung der Entscheidung Abstand genommen hat. 
Diese Ausführungen zeigen, von welcher Bedeutung für das 
ganze Prozessverfahren der in der Reichstagskommission gestellte 
Antrag ist. Es ist kein Zufall, wenn in denjenigen Gebieten, 
wo beim Inkrafttreten der Civilprozessordnung das Prinzip der 
Mündlichkeit des Verfahrens schon seit Jahrzehnten herrschte, 
die Entscheidung regelmässig nicht sofort nach der Verhandlung, 
sondern erst nach Ablauf einer einwöchigen Frist zu erfolgen 
pflegt, und wenn umgekehrt diejenigen Gebiete, in denen sofort 
die Verkündung stattfindet, früher den schriftlichen Prozess be- 
sassen. Ein Zwang zur sofortigen Berathung und Verkündung der 
Enntscheidung, wie er in der Reichstagskommission vorgeschlagen 
wurde, würde entweder die Wirkung haben, dass leichtfertiger 
geurtheilt und in den Gerichten weniger solide gearbeitet würde, 
oder er würde auch diejenigen Gerichte, die sich bisher von
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.