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Für die Anlage unterseeischer Kabel durch europäische
Staaten oder Gesellschaften europäischer Staaten dürfte das ge-
wonnene Ergebniss besonders wichtig sein. Denn wie die Er-
fahrung 1898 im nordamerikanisch-spanischen Kriege an der Küste
Cubas gezeigt hat’, ist das Auffischen von Kabeln, deren Le-
gungsplan man nicht genau kannte, zwar in weiterer Entfernung
von der Küste schwierig, aber in der Nähe der Küste erheblich
leichter auszuführen. Kabel, die von Europa z. B. nach einem
südamerikanischen Staate führen, sind bei einem Kriege dieses
Staates oder einer daselbst ausgebrochenen bedeutenden Insur-
rektion weit geschützter, wenn das Abschneiden nur an der Küste
selbst, also mittels einer Landung auszuführen ist.
Wenn nach den vorstehenden Ausführungen das Recht des
Abschneidens oder der Inbeschlagnahme unterseeischer Kabel im
Kriege nur im sehr beschränkten Umfange gestattet scheint, das
einen neutralen Staat mit dem feindlichen Staate verbindende
Kabel nur unmittelbar an der Küste dieses letzteren Staates
verletzt werden darf, so dürfte andererseits eine Entschädi-
gungspflicht bei Ausübung des Rechts innerhalb dieser Grenze
nicht anzuerkennen sein; ebenso wenig wie eine Entschädigung
z. B. gezahlt werden muss für Zerstörung eines Gebäudes bei krie-
gerischen Operationen. Diese anscheinend harte Konsequenz hat
aber das Gute, dass nun Streitigkeiten über die sonst zu ge-
währende Entschädigung nicht vorkommen, und wenn nur der Eigen-
thümer des Kabels für die Unterbrechung der Benutzung des Kabels,
nicht aber das Publikum für die Störung des Handels und Verkehrs
entschädigt werden soll, so ist gewiss die Entschädigungsfrage von
erheblich geringerer Bedeutung als die strikte und enge Be-
grenzung des Rechtes der kriegführenden Parteien.
Insoweit aber eine Ueberschreitung dieses Kriegsrechtes statt-
gefunden hat, kann der neutrale Staat, von dessen Territorium
’ Vgl. den Aufsatz von DrpeLLey, Revue du deux mondes 1. Janv. 1900.