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Die Terminologie des Rechts.
Von
Dr. PıuL SCHELLHAS.
Wir leben in einer Uebergangszeit, die dahin strebt, sich
von den überkommenen Einflüssen des klassischen Alterthums
auf unsere Kultur zu emanzipiren. Das Lateinische ist als Ge-
lehrtensprache allgenıein zurückgedrängt, und auch in der Ter-
minologie der Wissenschaften macht sich vielfach das Bestreben
geltend, die althergebrachten lateinischen und griechischen Kunst-
ausdrücke durch deutsche Worte zu ersetzen.
‚Dies gilt in keiner Wissenschaft so sehr, wie im Recht. Bis
in die zweite Hälfte des 19. Jahrh. hat schlechthin die alte Ter-
minologie des römischen Rechts geherrscht, und bis dahin sind
auch die technischen Ausdrücke für moderne, den Römern un-
bekannte Rechtsinstitute grösstentheils dem lateinischen Sprach-
schatz entnommen worden. Seitdem ist eine fortschreitende
Aenderung der Terminologie eingetreten, indem man nach und
nach in immer grösserem Umfange an Stelle der Fremdwörter
deutsche Worte zu setzen begonnen hat. Schon die Reichsjustiz-
gesetzgebung von 1879 hat dies in erheblichem Maasse gethan.
Der Civilprozess wurde zum „bürgerlichen Rechtsstreit“, der
Kriminalprozess zum „Strafprozess“, aus dem Advokaten wurde
der „Rechtsanwalt“, aus der Appellation die „Berufung“, aus
der Exekution die „Zwangsvollstreckung“. Die Laandesgesetz-