— 4283 —.
sprachliches Gemeingut angesehen werden kann. Sollen damit
folgerichtig auch die Ausdrücke Adoptiveltern, Adoptivvater u.s.w.
beseitigt werden? Das Gesetz spricht vom „Annehmenden“.
Man sieht hier recht deutlich das Farblose, untechnische solcher
Wortbildungen. Man könnte dabei ebensogut an einen — „Accep-
tanten“ denken. Schon das Wort „Adoption“ hatte ohne Weiteres
den Vorzug, ein rechtlicher Terminus schlechthin zu sein, bei
dem auch der Laie sich stets ein Rechtsverhältniss dachte,
was bei dem allgemein klingenden „Annahme an Kindesstatt“
nicht nothwendig der Fall ist. Sollen wir „Annahmevater®,
„Annahmeeltern® bilden? Wir bezweifeln, dass der Verkehr
diese Wörter acceptiren wird. In solchen Fällen, wie besonders
bei den Ausdrücken Oedent, Oessionar und in einigen ähnlichen,
hat der Gesetzgeber offenbar die Verkehrsinteressen einem sprach-
lichen Prinzip geopfert, dieselben Verkehrsinteressen, auf die er
selbst im Uebrigen so viel Rücksicht nimmt, so dass man fast
versucht sein könnte, den & 157 B. G.-B. dahin zu einer Be-
stimmung für Gesetzgeber umzuformen:
„Gesetze sind so abzufassen, wie die Rücksicht auf die
Verkehrssitte es erfordert. —
Dass das Gesetz sogar versucht, so allgemein im Verkehr
geläufige Worte, wie „Bankier“, „Kurs“ und gar — „Quittung“
zu umschreiben, bezw. zu übersetzen, ist schon mehrfach als gar
zu gewagt getadelt worden.
Es sei nochmals betont: an sich, vom rein sprachlichen
Gesichtspunkt, ist das Bestreben, die juristischen Fremdworte zu
beseitigen, in vollem Masse zu billigen. Aber über dieses
sprachliche Interesse stellen wir für die Zwecke der Gesetz-
gebung ein höheres, an dem das erstere seine Schranken finden
muss, selbst wenn wir dies vom Standpunkte der Sprachreinheit
bedauern sollten, nämlich die Interessen des Verkehrs und die
Volksthümlichkeit des Rechts. Das Gesetz muss sich unter allen
Umständen der Sprache des Verkehrs und der Sprache des