Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

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sprachliches Gemeingut angesehen werden kann. Sollen damit 
folgerichtig auch die Ausdrücke Adoptiveltern, Adoptivvater u.s.w. 
beseitigt werden? Das Gesetz spricht vom „Annehmenden“. 
Man sieht hier recht deutlich das Farblose, untechnische solcher 
Wortbildungen. Man könnte dabei ebensogut an einen — „Accep- 
tanten“ denken. Schon das Wort „Adoption“ hatte ohne Weiteres 
den Vorzug, ein rechtlicher Terminus schlechthin zu sein, bei 
dem auch der Laie sich stets ein Rechtsverhältniss dachte, 
was bei dem allgemein klingenden „Annahme an Kindesstatt“ 
nicht nothwendig der Fall ist. Sollen wir „Annahmevater®, 
„Annahmeeltern® bilden? Wir bezweifeln, dass der Verkehr 
diese Wörter acceptiren wird. In solchen Fällen, wie besonders 
bei den Ausdrücken Oedent, Oessionar und in einigen ähnlichen, 
hat der Gesetzgeber offenbar die Verkehrsinteressen einem sprach- 
lichen Prinzip geopfert, dieselben Verkehrsinteressen, auf die er 
selbst im Uebrigen so viel Rücksicht nimmt, so dass man fast 
versucht sein könnte, den & 157 B. G.-B. dahin zu einer Be- 
stimmung für Gesetzgeber umzuformen: 
„Gesetze sind so abzufassen, wie die Rücksicht auf die 
Verkehrssitte es erfordert. — 
Dass das Gesetz sogar versucht, so allgemein im Verkehr 
geläufige Worte, wie „Bankier“, „Kurs“ und gar — „Quittung“ 
zu umschreiben, bezw. zu übersetzen, ist schon mehrfach als gar 
zu gewagt getadelt worden. 
Es sei nochmals betont: an sich, vom rein sprachlichen 
Gesichtspunkt, ist das Bestreben, die juristischen Fremdworte zu 
beseitigen, in vollem Masse zu billigen. Aber über dieses 
sprachliche Interesse stellen wir für die Zwecke der Gesetz- 
gebung ein höheres, an dem das erstere seine Schranken finden 
muss, selbst wenn wir dies vom Standpunkte der Sprachreinheit 
bedauern sollten, nämlich die Interessen des Verkehrs und die 
Volksthümlichkeit des Rechts. Das Gesetz muss sich unter allen 
Umständen der Sprache des Verkehrs und der Sprache des
	        
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