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wirkliche Vorhandensein eines Staatswesens. Man beachte z. B.
die Staaten eines Bundesstaates oder Bundesreiches, welche bei
einer eingehenden. Prüfung der wesentlichen Rechtsverhältnisse
vielmehr als Provinzen denn als Staaten sich erweisen. Nähere
Untersuchung lehrt hier Folgendes:
Finnland hat sein eigenes Gebiet, welches genau begrenzt
ist und im Jahre 1812 durch Zurückerstattung einer früher an
Russland abgetretenen Provinz, Wiborg, erweitert und abgerundet
ward.
Finnland hat sein eigenes Volk, theils finnischer, theils skan-
dinavischer Herkunft, das nicht nur ein eigenthümliches nationales
Gepräge, sondern auch einen selbständigen Staatsangehörigkeits-
verband bildet, dem man entweder durch Geburt oder durch
Naturalisation angehört.
Finnland hat seine eigene Verfassung und bildet eine
beschränkte Monarchie, in welcher der Fürst eine Stände-
vertretung nach gesetzlichen Grundsätzen neben sich hat, deren
Mitwirkung für die Gesetzgebung in inneren Angelegenheiten er-
fordert wird.
Finnland hat also eigene Gesetze, welche theils schwedi-
schen Ursprungs sind und seiner Vereinigung mit Russland vor-
hergehen, theils Ergebnisse einer späteren Zusammenwirkung
zwischen Regierung und Ständen sind.
Finnland hat eigene Regierungsorgane, nämlich; einen
Grossfürsten, der zugleich Kaiser von Russland ist und die
Regierung durch einen Staatssekretär für Finnland führt. Er
wird im Lande selbst vertreten durch seinen Statthalter, den
Generalgouverneur mit dem aus Einheimischen, Finnländern, be-
stehenden Senate, welcher die höchiste politische und administra-
tive Gewalt ausübt und die provinziale und kommunale Ver-
waltung kontrollirt.
Finnland ist also ein selbständiger öffentlichrechtlicher Körper,
dessengleichen man in anderen Theilen Europas kaum finden