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haben die Unterzeichneten auch wider diese Auffassung gewichtige
Bedenken.
a) Weil die Realunion überall, wo ihr Dasein unzweifelhaft
feststeht, ihren Ursprung in einem Uebereinkommen der Kontra-
henten oder Mitglieder findet; in einem Uebereinkommen, das
zwar manchmal dem Einfluss internationaler Ereignisse entspringt,
aber dennoch die gegenseitige freiwillige Zusammenwirkung der
Kontrahenten voraussetzt. Die Vereinigung Finnlands mit Russ-
land mag beiderseits scheinbar freiwillig entstanden sein, thatsäch-
lich hatten die finnländischen Stände 1808 dem russischen Sieger
gegenüber keine Wahl und es wurzelt somit die Vereinigung nicht
in einem völkerrechtlichen Vertrage, sondern in dem einseitigen
Willen des russischen Kaisers. Diese Erwägung ist aber nicht
entscheidend, weil nicht die Weise der Entstehung, sondern die
Natur des Rechtsverhältnisses die rechtliche Stellung bestimmt. Ein
stärkeres Bedenken entlehnen die Unterzeichneten desshalb einem
zweiten Einwurf wider die Voraussetzung einer Realunion.
b) Die Realunion erfordert Rechtsgleichheit der Theile und
diese fehlt hier überhaupt. Das ungeheure faktische Ueber-
gewicht Russlands wird de jure anerkannt und bestätigt. Die
Kaiserkrone Russlands schliesst die grossfürstliche Krone Finn-
lands ein und wird nach russischem zugleich für Finnland gül-
tigem Thronfolgerechte ererbt. Die auswärtigen Angelegenheiten
ruhen unbedingt in den Händen der russischen Regierung und
werden ohne einige Mitwirkung der besonderen finnischen Or-
gane verwaltet. Russland hat ein unbeschränktes Recht der
bietes. Es darf endlich Finnlands verhältnissmässige Mitwirkung
zur gemeinschaftlichen Aufrechterhaltung der internationalen
Stellung und Rechte des Reiches beanspruchen.
Scheint also diese unleugbare Rechtsungleichheit noch mehr als
die eigenthümliche Entstehung der Vereinigung Finnlands mit Russ-
land den Gedanken einer Realunion zu beseitigen, so besteht dennoch