Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

— 492 — 
erscheinen, indessen meine ich, dass dieser Gedanke bei näherer 
Beleuchtung nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen sei. 
Ich verstehe, wie ich schon in der Zeitschrift „Das Recht“ 1900 
Nr. 5 ausgeführt habe, unter „Gewerbekrankheiten“ ausschliess- 
lich diejenigen Krankheiten, welche die Arbeiter gewisser Be- 
triebe regelmässig bei längerer Arbeit in denselben zu befallen 
pflegen, und welche durch ihre ganz charakteristischen Merkmale 
kenntlich sind; z. B. die Bleivergiftung in allen denjenigen Be- 
trieben, in welchen Blei gefunden, verarbeitet oder in denen mit 
bleihaltenden Gegenständen gearbeitet wird, ähnlich die Phosphor- 
vergiftung, das Augenzwinkern der Bergleute, die Schwerhörig- 
keit der Kesselschmiede u. s. w. Nach wie vor ausgeschlossen 
müssen auch meiner Ansicht nach alle diejenigen Krankheiten 
hierbei bleiben, welche nach der wissenschaftlichen Erfahrung in 
Folge einer Prädisposition des menschlichen Körpers leichter 
Eingang in den letzteren finden, insbesondere also die Tuber- 
kulose — Schwindsucht. Es ist nicht recht erfindlich, warum 
man diejenigen Arbeiter schlechter stellt, welche ausser der Un- 
fallgefahr noch der besonderen Krankheitsgefahr des Betriebs 
unterliegen, die in der Betriebsart ihren Grund hat. Man kann 
sagen, Leute, welche von einer solchen Gewerbekrankheit befallen 
werden, bekommen ja die Invalidenrente nach dem Invalidenversiche- 
rungsgesetze. Gewiss, doch aber erst, wenn sie invalid im Sinne 
dieses Gesetzes sind, nicht eher, also namentlich noch nicht, wenn sie 
nur in ihrer Erwerbsfähigkeit beschränkt sind. Ueberdies steht 
ja die Invalidenrente schliesslich jedem Arbeiter zu. Und was 
die finanzielle Seite angeht, so würde diese Erweiterung der Ver- 
sicherung selbstverständlich den Berufsgenossenschaften, welche 
betroffen werden, Geld kosten, allein erstens einmal wird die 
Mehrbelastung umsoweniger eine besonders erhebliche werden 
können, wenn die Betriebsunternehmer, deren Arbeiter vorzugs- 
weise einer (rewerbekrankheit ausgesetzt sind, zu besonderen 
Beiträgen herangezogen werden — die Gefahr ihrer Betriebe ist 
ja eine zweifache: Unfallgefahr und Krankheitsgefahr —, als- 
dann sind glücklicherweise die Gewerbekrankheiten nicht so 
häufig, dass die Belastung eine unerschwingliche werden könnte,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.