Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

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gebaut, und es ergab sich die Nothwendigkeit, hierfür wie für 
den erweiterten Betrieb des Bahnhofs noch weitere Schienen- 
stränge dort anzulegen. Die betreffenden Wegestrecken wurden 
desshalb ganz gesperrt und in den Bahnhof einbezogen. Damals 
befand sich jenseits der Bahn nur ein vereinzeltes Gebäude; seit- 
dem hat sich ein ganzer Stadttheil dort entwickelt. Die Stadt 
fand den noch verbliebenen Geleiseübergang jetzt mehr und mehr 
ungenügend. Sie verlangte Ueberbrückung des Bahnhofes mit 
einer Fahrbahn und erhob schliesslich beim Landgericht Kolmar 
gegen die Kaiser]. General-Direktion der Reichseisenbahnen Klage 
mit dem Antrag auf. Feststellung ihres Eigenthums an jenen 
beiden Wegen, Verurtheilung der Beklagten, dass sie diese wieder 
eröffne und dem ungestörten öffentlichen Verkehr übergebe, und 
auf Schadensersatz wegen der bisherigen rechtswidrigen Vorent- 
haltung. Das Gericht erkannte unterm 4. Dezember 1894 dahin: 
Beklagte sei verpflichtet „zur Rückgabe des vollen Eigenthums- 
und Nutzungsbesitzes an den streitigen Uebergängen“. Da aber 
diese aus Rücksicht auf den steigenden Verkehr des Bahnhofs 
nicht wohl durchführbar und im öffentlichen Interesse eine Er- 
zwingung unthunlich erscheint, „so geht die Naturalverpflichtung 
der Beklagten in die Verflichtung zur Leistung des Interesses 
über (art. 1142 c. c.)*, d. h. die Beklagte hat der Klägerin die 
Kosten eines nunmehr von dieser vorzunehmenden Unterführungs- 
oder Ueberbrückungsbaues zu bezahlen. In diesem Sinne wird 
die Beklagte zu Schadensersatz verurtheilt mit Vorbehalt genauer 
Berechnung. Auf beiderseits erhobene Berufung erkannte das 
Oberlandesgericht Kolmar unterm 2. April 1897 schlechthin nach 
den Anträgen der Stadt. „Da eine absolute Unmöglichkeit der 
Wiedereröffnung der Uebergänge nicht vorliegt... muss die 
Beklagte gehalten erscheinen, die Wege für den öffentlichen 
Verkehr- freizugeben.“ Ausserdem hat sie nach art. 1382 c. c. 
den durch die rechtswidrige Schliessung entstandenen Schaden 
zu ersetzen.
	        
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