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Die Eisenbahnverwaltung hatte unter Anderem geltend
gemacht, dass ihre Projekte für die Linie Kolmar-Breisach und
die damit verbundene Erweiterung der Geleise des Bahnhofs
Kolmar seiner Zeit vom Reichskanzleramt genehmigt worden
seien, dass sie auf den Plänen insbesondere auch die Uhnter-
drückung der beiden Wege vorgesehen und durch Erlass des
Reichskanzleramtes schliesslich den Auftrag erhalten habe, das
Projekt nach diesen Plänen zur Ausführung zu bringen. Das
Oberlandesgericht fand das unerheblich. Eine Enteignung hat
sich, so setzte es auseinander, in diesen Formen nicht vollziehen
können; eine „landespolizeiliche Verfügung“ aber, welche der
Kritik der Gerichte nicht unterläge, ist hier nicht anzunehmen;
denn die Beklagte ist „zur Wahrung landespolizeilicher Interessen
nicht berufen“. Dass sie die Zustimmung ihrer vorgesetzten
Behörde hatte, vermochte selbstverständlich daran nichts zu
ändern.
In der Revisionsinstanz gewann aber alsbald dieser Akt des
Reichskanzleramts eine unerwartete Bedeutung. Das Reichs-
gericht hat mit Erkenntniss vom 25. Juni 1897 das Kolmarer
Urtheil insoweit aufgehoben, als es auf Schadensersatzpflicht und
Wiedereröffnung der Wegeübergänge lautete, und die Sache zu
anderweiter Entscheidung an das Berufungsgericht zurückver-
wiesen. Es hätte, so wurde erwogen, die Behauptung der Be-
klagten geprüft werden müssen, dass die Schliessung der Wege
vom Reichskanzler angeordnet worden sei; „denn wenn die be-
hauptete Anordnung wirklich ergangen, so läge ein Verwaltungs-
akt vor, dessen Rechtmässigkeit die Gerichte nicht zu unter-
suchen hätten“. Damit war anerkannt, dass die Genehmigung
der Pläne nicht bloss eine Zustimmung der dienstlichen Vor-
gesetzten sein würde, sondern ein nach aussen wirksamer Akt.
Ein Rechtsinstitut trat auf die Scene, welches dem Ober-
landesgericht unbekannt gewesen war. Es soll hier genauer
betrachtet werden.
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