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können geglaubt. Es ist bekannt, wie man nach ihrem Vorbild
die Kompetenzkonfliktshöfe bei uns vielfach als eine Art Schieds-
gericht zwischen Justiz und Verwaltung zusammensetzte mit
gleicher Vertretung beider Theile. Das braucht nicht immer so
zu sein. Insbesondere könnte man für ein kleines Land, das
nicht einmal einen eigentlichen Verwaltungsgerichtshof hat, daran
denken, die Kompetenzkonfliktsentscheidung einfach dem Reichs-
gericht zu übertragen. Ganz zufriedenstellend wäre das nicht,
insofern eben das Reichsgericht in Fragen des öffentlichen Rechts
naturgemäss weniger zu Hause ist und auf diesem Gebiet hinter
dem preussischen Oberverwaltungsgericht z.B. unzweifelhaft zurück-
steht. Aber die volle Unbefangenheit gegenüber örtlichen Rück-
sichten und Reibungen, die hier eine grosse Rolle spielen, wäre
allerdings bei ihm gegeben, und das wäre die Hauptsache.
Also, wird man sagen, ist ja Alles in Ordnung. Das Reichs-
gericht kann immer im Wege der Revision angegangen werden,
um die verletzten Zuständigkeitsgrenzen gegenüber einem Ueber-
griffe des Gerichtes wieder herzustellen. Was will man mehr?
Der vorliegende Fall beweist, dass dieses Verfahren gänzlich
unzureichend ist, um das richtige Kompetenzkonfliktsverfahren zu
ersetzen.
Die Grundlage für die Abgrenzung der Zuständigkeit der
Gerichte gegenüber der Verwaltung giebt in Elsass-Lothringen
zur Zeit noch das französische Recht. Unter dem Namen
Trennung der Justiz- und Administrativgewalt stellt es ein Ver-
bot für die Gerichte auf, dem Verwaltungsakt irgendwie zu nahe
zu treten: sie dürfen nicht selbst aussprechen, was diesem zu-
käme, dürfen ihn nicht prüfen auf seine Gültigkeit, nicht aus-
legen, wo er zweifelhaft wäre. Das französische Recht hat dieses
Verbot mit solcher Entschiedenheit durchgeführt, dass es sogar
gilt für die sog. Öffentlichrechtliche Vorfrage. Es soll sich also
um eine richtige bürgerliche Rechtsstreitigkeit handeln, Schadens-
ersatzklage gegen einen Beamten u. dgl.; für die Entscheidung