man allerdings die Fortbildung des internationalen Privatrechts
als sehr problematisch für absehbare Zeit ansehen. Es war ja
reine Illusion, wenn ich in Uebereinstimmung mit SAvIGNY, WELT-
LAKE und Anderen eine harmonische Entscheidung über die Mehr-
zahl der Fragen des internationalen Privatrechts jetzt schon für
möglich erachtet, die eigentlichen Konflikts- oder Kollisionsfälle
als eine Minderzahl angesehen hatte; es erschien da gleichsam
ein Wald von Kollisionsfällen und meistens blieb grundsätzlich
richtig nur die strenge Entscheidung nach der Lex fori. Die neueste
Arbeit wird dem unbefangenen Leser einen ganz anderen Gesammt-
eindruck machen. Wenn wir, um irgend haltbare Resultate zu
erhalten, warten müssten, bis eine Uebereinstimmung der ver-
schiedenen Gesetzgebungen über die Grundbegriffe und über die
Voraussetzungen des internationalen Privatrechts (z. B. Domizil
und Staatsangehörigkeit) in allen Einzelheiten und Konsequenzen
erreicht wäre — so schien es doch nach dem ersten Aufsatze,
in welchem insbesondere meine Arbeiten zur Zielscheibe für eine
intensiv-sarkastische Kritik genommen wurden — so könnten wir
in der That noch lange Zeit warten, die Grundlagen eines inter-
nationalen Privatrechts zu legen, welches eben mehr gewesen
wäre, als blosse Interpretation eines einzelnen Gesetzbuchs, und
wie hätte das einzelne Gesetzbuch auch zu irgend brauchbaren
Sätzen gelangen sollen — vielleicht durch blinden Zufall, oder
weil doch gesetzliche Bestimmungen in Ermangelung einer Theorie
gemacht werden mussten, vielleicht kraft glänzender Bewährung
des alten Satzes: „Wem Gott ein Amt giebt, dem giebt er auch
Verstand“? Sollte vielleicht Kann jetzt zu der Erkenntniss ge-
kommen sein, dass die Methode der Naturwissenschaften auch in
der Jurisprudenz nicht so ganz zu verwerfen ist, die Methode
auch mit annähernden Wahrheiten?” zu operiren und die Fehler
nachher zu eliminiren hat?
97 2.B. den Begriff des Domizils, der beweglichen Sache als in den
verschiedenen Gesetzen übereinstimmend anzusehen?