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lichen Polemik giebt, nämlich die, die vor Allem aufsucht, welche
Prinzipien den beiden Gegnern im Grunde gemein sind, so dass
ihre Vorstellungen bis zu einem gewissen Punkt zusammenfallen,
um von diesem Punkt auseinanderzugehen, so dass ihre Ge-
dankengänge auf der Grundlage derselben Prinzipien zu ver-
schiedenen Folgerungen führen. Die gemeinschaftlichen Prin-
zipien bilden also einen von beiden Gegnern anerkannten Prüf-
stein, der angewendet werden kann, um zu prüfen, welche
Folgerungen aus den Prinzipien logisch hervorgehen, und welche
dagegen sündigen. Erstere sind dann, wenigstens dem Gegner
gegenüber, die richtigen, die anderen falsch. Um also in dem
wissenschaftlichen Streit über den Gegner zu siegen, muss man
ihm zeigen, dass seine Folgerungen nicht logisch vereinbar sind
mit Grundsätzen, die er selbst nicht leugnet.
Gelingt es nicht, Prinzipien zu ermitteln, die beide Gegner
als Gemeingut betrachten müssen, so ist ein Streit zwischen
ihnen wissenschaftlich ohne Nutzen, Man hat es dann zu thun
mit Anhängern von zwei verschiedenen Glaubensbekenntnissen,
die einander wohl verketzern, aber nicht überzeugen können.
Zwar kann der Eine den Anderen stechen, seine Vorstellungen
— besonders, wenn er sie nach seinem subjektiven Eindruck
wiedergiebt — unklar nennen, hervorheben, dass sie von der
Meinung der berühmtesten Männer abweichen, und mit den kräf-
tigsten Ausdrücken oder mit feiner Ironie ihre Unrichtigkeit be-
haupten; aber alle diese Bemühungen bringen die Sache nicht
weiter, sie „schneiden kein Holz“, wie man bei uns sagt.
Nun will ich versuchen, ob ich die gute Methode in dem
Streit zwischen von BAR und mir anwenden kann. Der Versuch
ist jedenfalls der Mühe werth. Ausserdem hat er hier eine feste
Grundlage, weil die Streitfrage die Methode einer wissenschaft-
lichen Untersuchung betrifft. Als eine derartige Methode kann
natürlich nicht ein allgemeiner Spruch betrachtet werden, wie
z. B. die übliche Verweisung auf die „Natur der Sache“, auf