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nationalen Rechtssystem erkennbar werden, spiegeln sich auch
im höheren internationalen Recht deutlich wieder.
IV.
Jetzt können wir über die Methode weiter reden und fest-
setzen, von welchem Punkt aus der Weg, dem von Bar folgt,
und derjenige, dem ich folge, auseinandergehen, und welcher Weg
am besten nach unserem gemeinschaftlichen -Ziele führt.
von Bar hält bei jedem Rechtsinstitut eine Musterung ab
der verschiedenen Gesetze oder Rechtsordnungen, welche mit
diesem Institut irgendwie in Verbindung stehen, z. B. der lex
domicilii oder originis personarum, der lex rei sitae,
fori, actus oder contractus u. s. w.; nachher nimmt er, ge-
stützt auf verschiedene Gründe, bald auf vermünftig-logische
Gründe, bald auf ein postulirtes Gewohnheitsrecht, durch Schrift-
steller und Kongressbeschlüsse bestätigt, eine Auswahl vor aus den
der Prüfung unterworfenen Gesetzen; diese Wahl stellt das Gesetz
fest, das jeder Richter der Welt, der bindenden Kraft des inter-
nationalen Privatrechts zufolge, anzuwenden hat, so weit die Ge-
setze seines Landes nicht eine den Fall umschliessende Vorschrift
enthalten, die etwas Anderes befiehlt.
Meiner Auffassung nach ist die Wahl des Gesetzes eine
Frage von sekundärer Bedeutung, sie will bei jedem Rechts-
institut feststellen, welchen Rechtsanspruch der allgemein-mensch-
liche Verkehr erhebt; die Antwort auf diese Frage kann Ver-
weisung nach einem bestimmten Gesetz mit sich bringen, aber
auch ohne Verweisung eine Vorschrift geben; die Frage richte
ich nicht an eine’ideelle Macht, welche nur Gesetze über Ge-
setze geben kann, sondern an die wirklich für den Verkehr der
Menschen mit gesetzgebender Gewalt ausgerüsteten Mächte, näm-
lich entweder an den Gesetzgeber — bezw. Richter — eines be-
stimmten Landes, oder an die freiwillige Staatengesammtbheit,
welche überstaatliche Rechtsordnungen machen kann.