Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

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was für den Verkehr der Privatpersonen gilt. Auch hat meines 
Erachtens dieselbe Furcht Vielen Veranlassung gegeben, in dem 
internationalen Privatrecht nur dem Völkerrecht unterworfene 
Verhältnisse zwischen Staaten zu sehen, um auf diese Weise, 
mit Hülfe einer sich auf Meinungen der Schriftsteller und Kon- 
gressbeschlüsse stützenden Gewohnheit der Staatsmächte zwin- 
gende Vorschriften hineinzudeuteln. 
Ist also, abgesehen von der subsidiären Vernunftkraft, für 
die Zwingkraft des internationalen Privatrechts eine Ordnung der 
gesellschaftlichen Obrigkeit nöthig, so ist die Frage leicht zu 
beantworten, an welche Obrigkeit man sich wenden muss. Da 
kein Weltgesetzgeber vorhanden ist, kann die zwingende Norm 
nur von dem einzelnen Staat oder von einer freiwilligen Staaten- 
gemeinschaft gegeben werden. Die Lage des einzelnen Staates 
und die der Staatengesammtheit sind aber durchaus verschieden, 
nicht was das Ziel anbetrifft, sondern in Bezug auf die Mittel. 
Der einzelne Staat kann kein Weltverkehrsrecht kodifiziren und 
deshalb die reinen Vernunftvorschriften nicht immer verwirklichen; 
er hat die Gesellschaft der Menschen zu nehmen, wie sie ist, mit 
der Verschiedenheit, ja selbst mit dem Widerspruch der lokalen 
Rechtsordnungen. Nur kann er für jeden Rechtsstreit, welcher 
sich vor dem Richter in seinem Lande erhebt, dem Richter Vor- 
schriften geben und also für den Verkehr eine gewisse Rechts- 
sicherheit herstellen. Die Staatengesammtheit aber kann, wenn 
eine gemeinschaftliche Ueberzeugung der Staaten entstanden ist, 
wirklich allgemein-gültige Verkehrsvorschriften geben, sie braucht 
nie Widersprüche zu dulden. Selbstverständlich muss sie sich, 
so lange das internationale Staatsrecht keine Form geschaffen 
hat, welche dem Gesetze genau entspricht, mit gleichlautenden 
Gesetzen oder Staatsverträgen behelfen, und es ist auch 
selbstverständlich, dass, so lange nicht alle Staaten sich an- 
schliessen, die Staatengesammtheit ihre Aufgabe nur zum Theil 
erfüllen kann. 
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