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Die deutsche -Uivilprozessordnung begründet in allen in
Ziff. 2, a—d (s. oben) erwähnten Beziehungen zwischen Deutschen
und Ausländern nur insoweit einen Unterschied, als die materiell-
rechtlichen Voraussetzungen in Frage kommen. Und in dieser
Hinsicht verlangt das Gesetz für Ausländer nicht durchweg
Anderes als für Deutsche; es fügt den auch’ für Inländer gelten-
den, mit Person und Streitsache in Zusammenhang stehenden
beiden Voraussetzungen des $ 114 Abs. 1, nämlich
a) dass der Nachsuchende zur Bestreitung der Prozesskosten
ausser Stande sei und
b) dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverthei-
digung nicht muthwillig oder aussichtslos erscheine,
noch ein drittes Erforderniss bei, welches dahin geht, dass die
Gegenseitigkeit verbürgt sei.
Es ist daher die Folgerung naheliegend, dass für die Frage,
ob im Auslandsstaate die Einheimischen und die Deutschen in
der oben näher bestimmten Weise gleich behandelt sind, nur die
materiell-rechtlichen Voraussetzungen in Betracht gezogen werden,
Von dieser Auffassung scheint auch LEskKE geleitet zu sein, wenn
er in seinem und LöwENnFELD’s Handbuch für den internationalen
Verkehr Bd. I 8. 776 sich dahin ausspricht, der Begriff der
Reziprozität sei vorhanden, wenn überhaupt der fremde Staat
deutsche Staatsbürger unter denselben Voraussetzungen wie
seine eigenen Staatsangehörigen zum Armenrechte zulasse. Zur
Unterstützung dieser Ansicht möchte man vielleicht geltend
machen, dass die von Deutschland mit Belgien, Frankreich,
Luxemburg und Oesterreich-Ungarn hinsichtlich des Armen-
rechts abgeschlossenen Staatsverträge® die Bestimmung enthalten,
dass die. Deutschen in jenen Staaten unter „denselben Bedingungen
5 DVebereinkunft mit Belgien vom 18, Dez. 1878 (R.-G.-Bl. 1879 S. 816),
mit Frankreich vom 20. Febr. 1880 (R.-G.-Bl. 1881 8. 81), mit Luxem-
burg vom 12. Juni 1879 (R.-G.-Bl. 1879 8. 818) und mit Oesterreich-
Ungarn vom 9. Mai 1886 (R.-G.-Bl. 1887 S. 120).