Full text: Archiv für öffentliches Recht.Fünfzehnter Band. (15)

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die staatliche Rechtsentwickelung behandelt. Dabei hat sich Verf. nicht auf 
die gedruckten Quellen beschränkt, sondern sich bemüht, das territoriale 
Quellenmaterial in möglichst weitem Umfange durch Archivforschungen aus- 
zunutzen. Verf. beginnt mit einer Darstellung der Hauptzüge der äusseren 
Entwickelung des Instituts seit dem 16. Jahrh. und giebt sodann eine ein- 
gehende dogmatische Darstellung des katholischen Patronatrechts, in welcher 
zunächst bei jedem Punkte die gemeinrechtlichen Grundsätze erörtert und 
sodann im Anschluss daran die besondere Gestaltung dargestellt wird, welche 
die Rechtsentwickelung in Oesterreich demselben hat zu Theil werden lassen. 
Dabei verdient die überaus sorgfältige und gründliche Weise, mit welcher 
Verf. durchweg zu Werke gegangen ist, die vollste Anerkennung. Auf 
Grund seiner Untersuchungen kommt Verf. zu der Ueberzeugung, dass die 
auf den Kirchenpatronat in Oesterreich bezüglichen materiellen Rechtsnormen 
theils unzulänglich und veraltet, theils dem Geiste des Instituts nicht ent- 
sprechend sind und dass demgemäss das Österreichische Patronatrecht einer 
umfassenden und zweckmässigen Regelung bedarf. Im Anschluss daran wird 
die Frage erörtert, ob diese Regelung etwa in einer Aufhebung des Kirchen- 
patronats zu bestehen habe. Wenn auch Verf. die absolute Nothwendigkeit 
einer Aufhebung nicht anerkennen kann, so steht er doch derselben keines- 
wegs feindlich gegenüber, vertritt aber den Standpunkt, dass eine einseitige, 
obligatorische Aufhebung des Patronats durch die Staatsgewalt einen doppelten 
Eingriff, sowohl in die Rechtssphäre einer staatlich anerkannten Religions- 
gesellschaft, als auch in jene einzelner Staatsbürger darstellen würde. Viel- 
mehr sei eine allgemeine Aufhebung nur im Einvernehmen des Staates mit 
der Kirche und den Privatbetheiligten herbeizuführen. Mehr zu empfehlen, 
weil leichter zu verwirklichen, sei es aber, wenn der Staat unter Verzicht 
auf die Allgemeinheit der Reform die Aufhebung des Patronats in jedem 
einzelnen Falle dem freien Uebereinkommen zwischen Kirchenoberen und 
Patron überlasse und seinerseits nur die Bedingungen normire, unter denen 
er jenes Uebereinkommen für den staatlichen Bereich als rechtsgültig an- 
erkennt. Um der Gemeinde aber die ihr aus der Aufhebung des Patronats 
erwachsende Kirchenbaulast weniger fühlbar zu machen, schlägt Verf. vor, 
bei Zeiten für genügende Deckung zu sorgen durch Gründung eines etwa 
„Gemeinde-Kirchenbaukasse“ zu nennenden Fonds, zu welchem die einzelnen 
Mitglieder der Kirchengemeinde fortlaufend möglichst niedrig anzusetzende 
Beiträge zu leisten hätten. Frantz. 
Dr. jur. et Lic. theol. Karl Rieker, a. o. Professor an der Universität Leip- 
zig, Grundsätze reformirter Kirchenverfassung. Leipzig, 
C. L. Hirschfeld, 1899. VIII u. 298 S. 
Die leitenden Gedanken für dieses Buch hat der Verf. bereits in dem 
Aufsatz niedergelegt, den er in der Historischen Vierteljahrsschrift von 1898
	        
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