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tionellen Bedenken der Kaiser schon infolge des Fehlens der Prinzeneigen-
schaft nicht Mitglied des Herrenhauses sein kann. Ferner: „Da jeder gross-
jährige Prinz des kaiserlichen Hauses kraft Rechtssatzes Herrenhausmitglied
ist und der gewesene Kaiser wieder Prinz wird, so erwirbt er durch den
Rechtsakt des Verzichtes auf die Krone ipso jure die Mitgliedschaft im
Herrenhause.“ Aus dem Recht, welches das bayerische königliche Familien-
statut vom 5. Aug. 1819 (Tit. IV 5 3) dem Monarchen gewährt, „alle zur
Erhaltung der Ruhe, Ehre, Ordnung und Wohlfahrt des königlichen Hauses
dienliche Massregeln zu ergreifen,“ schliesst der Verf., da jenes Statut allen
seither erlassenen Familienstatuten deutscher fürstlicher Häuser zum Vorbild
diente, für den Österreichischen Kaiser auf ein immer durch das Familien-
statut beschränktes Dispensationsrecht gegenüber den Mitgliedern des kaiser-
lichen Hauses und verweist auf die Thatsache, dass weder Kaiser Ferdinand I.
noch der Vater des Kaisers Franz Joseph, Erzherzog Franz Karl, Mitglieder
des Herrenhauses waren. — Interessant ist auch der Nachweis, dass bei der
Gruppe der erblichen Mitglieder der ordentliche Richter da, wo er die
privatrechtliche Frage nach dem Haupte der Familie zu entscheiden hat,
damit indirekt durch ein Präjudizialurteil über die Herrenhausmitgliedschaft
einer bestimmten Person entscheidet. — Die juristischen Thatsachen, welche
ein Ruhen der Herrenhausmitgliedschaft bewirken, teilt der Verf. in solche
welche nur bei einigen besonders qualifizierten Personen, und in solche, die
bei allen Herrenhausmitgliedern eintreten können. Zu den ersteren gehören
die Uebernahme der Regentschaft oder der Stellvertretung der Regierung
des Kaisers und die über einen Erz- oder Fürstbischof verhängte Suspension
vom Kirchenamte. Zur zweiten Gruppe gehören die Verhängung der Kuratel
und die Eröffnung des Konkurses, endlich die nach einer rechtskräftigen
Verurteilung infolge Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgte Freisprechung.
Der letzte Fall ist der interessanteste wegen der bei den ipso jure berufenen
erblichen Mitgliedern praktisch möglichen Frage, welche Rechtswirkung der
nunmehrige Freispruch in der rechtlichen Stellung des Nachfolgers äussert.
Der Verf. kommt zu dem Ergebnis, dass dem Nachfolger die Mitgliedschaft
nur scheinbar zukam, sie daher für ibn auch nicht erlöschen kann, dass
aber ihr scheinbarer Besitz insofern nicht ohne Rechtsfolgen bleibt, als der
Nachfolger, was die aus der Mitgliedschaft fliessenden Rechte betrifft, so
behandelt wird, als wäre er Mitglied gewesen.
Die dritte Abteilung über das Abgeordnetenhaus wird eingeleitet durch
einen verfassungsgeschichtlichen Ueberblick über das Oktoberdiplom (1860)
und das Februarpatent (1861), eine Darstellung der Berufungsordnung nach
der Dezemberverfassung (1867) und des Notwahlgesetzes (1868). Eine tief-
gehende Aenderung der Berufungsordnung des Abgeordnetenhauses erfolgte
durch die Verfassungsreform von 1873. Art. I des Gesetzes vom 2. April
1873 hob die Vorschrift, dass die Reichsratsabgeordneten grundsätzlich nur
von und aus den Landtagen zu wählen seien, auf und bestimmte, dass sie